ZFA (Stuttgart) 2008; 84(1): 1
DOI: 10.1055/s-2007-1004568
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nachrichten aus der Veterinärmedizin

M. M. Kochen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. Januar 2008 (online)

Der Igel - so das elektronische Populärlexikon Wikipedia - gehört zu einer Familie von Säugetieren, deren bekannteste Vertreter die in Europa lebenden Arten Braunbrustigel und Weißbrustigel sind. Insgesamt soll die Familie rund 25 Arten umfassen.

Offensichtlich hat Wikipedia aber noch nicht registriert, dass in Deutschland bereits seit einer Dekade eine weitere Art identifiziert wurde, deren biologische Einordnung allerdings auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen dürfte. Nach vorläufigen Beobachtungen handelt es sich um eine Spezies, die neben der allen Igeln zugeschriebenen Aggressivität auf Artgenossen, besonders gierig sein soll....

Das in dieser Ausgabe der ZFA publizierte Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin zu individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) hat als kurze Presseerklärung und als Vorveröffentlichung auf unseren Internetseiten bereits für Unruhe gesorgt. Unruhe deswegen, weil sich die DEGAM gegen das aktive Anbieten von IGeL-Leistungen ausspricht. Das Reagieren auf konkrete Patientenwünsche wird hingegen nicht kritisiert.

Bei der Lektüre der Stellungnahme sollte man einige Hintergründe berücksichtigen:

Die Aufforderung - an alle Fachgesellschaften und Berufsverbände -, sich überhaupt mit diesem Thema auseinander zu setzen, kam von der Bundesärztekammer (BÄK). Nach deren Auskunft haben sich von rund 150 Fachgesellschaften und 50 Berufsverbänden bislang gerade mal ein Dutzend erklärt (und nicht mehr als eine Handvoll auf die Fragen auch konkrete Antworten formuliert). Man kann nur spekulieren, warum das so ist - vielleicht wollen sich viele Ärger vom Leibe halten. Schon in der Verlautbarung der BÄK hieß es seinerzeit, dass jedes Angebot solcher individueller Gesundheitsleistungen der hohen ärztlichen Verantwortung gegenüber Patientinnen und Patienten Rechnung tragen muss, die auch bei unnötigen Leistungen nicht zu Kunden werden dürfen. Auch müsse in jedem Falle den Anforderungen des Berufsrechts Rechnung getragen werden, das es verbietet, diagnostische oder therapeutische Methoden unter missbräuchlicher Ausnutzung des Vertrauens, der Unwissenheit, der Leichtgläubigkeit oder der Hilflosigkeit von Patientinnen und Patienten anzuwenden. Hausärzte (auch z. B. Neurologen) zählen auf diesem sog. zweiten Gesundheitsmarkt gar nicht zu den „Haupt-IGelern”. Die meisten Angebote stammen von Frauen- und Augenärzten, gefolgt von Urologen, Orthopäden und Hautärzten. Das Positionspapier der DEGAM bezieht sich also auf allgemeine Entwicklungen in der Ärzteschaft und ist nicht als Schelte von Allgemeinärzten misszuverstehen. Nach einer Auflistung eines populären Gesundheitsportals werden z. Zt. insgesamt 79 Punkte aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung als IGeL-Leis-tungen angeboten. Dazu gehören u. a. reisemedizinische Beratung und entsprechende Impfberatung; Reise-Impfungen; Eignungsuntersuchungen zum Beispiel für Reisen, Flugtauglichkeit, Tauchsport; sportmedizinische Untersuchungen und Beratungen; allergologische Berufseignungstests (z. B. Bäcker, Friseur); medizinisch-kosmetische Leistungen wie das Entfernen von Tätowierungen; ästhetische Operationen; Tests zur Prüfung der Verträglichkeit von Kosmetika; Blutgruppenbestimmung auf Wunsch; zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen auf Wunsch;

Diese beispielhaft aufgezählten Angebote werden in der Stellungnahme der DEGAM nicht moniert, u. a. weil sie.

auch schon vor der Begriffsentstehung von IGeL nicht zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden konnten, von Patienten gewünscht, und von Ärzten nicht aktiv beworben wurden.

Unser Positionspapier dürfte eine rege - und willkommene! - Diskussion auslösen. Die ZFA wird sobald wie möglich Reaktionen bzw. Leserbriefe veröffentlichen. Das neue Jahr (zu dem ich Ihnen alles Gute wünsche) fängt also schon mal spannend an.

Herzlich

Ihr Michael M. Kochen

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. M. M. KochenMPH, FRCGP 

Facharzt für Allgemeinmedizin

Abteilung Allgemeinmedizin

Georg-August-Universität

Humboldtallee 38

37073 Göttingen

eMail: mkochen@gwdg.de

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