Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - PO_10_02
DOI: 10.1055/s-2007-1003006

Myotone Dystrophie, intrafamiliäre Schweregradzunahme korreliert mit Repeatexpansion der CTG-Region des DMPK1-Gens – Fallbericht aus 1 Familie

HJ Bittrich 1, S Weidensee 2, L Braun 1, S Demuth 2, K Bohne 1, A Sauerbrey 1
  • 1HELIOS Klinikum Erfurt, Perinatalzentrum, Erfurt
  • 2Humangenetik Erfurt, Erfurt

Wir berichten über einen Patienten mit kongenitaler Verlaufsform der Myotonen Dystrophie. S.R. zeigte schwerste postnatalen Anpassungsstörungen. Er wurde terminlich-eutroph als 3. Kind einer 5. Gravida (2 Aborte) geboren und zeigte generalisierte Muskelhypotonie und Retrogenie. Die Schwangerschaft war durch Polyhydramnion und verminderte Kindsbewegungen belastet. Wegen persistierender pulmonalen Hypertension u.a. mussten spezielle Beatmungsverfahren (HFO, iNO) eingesetzt werden. Die Entlassung nach 3 Monaten erfolgte mit nächtlicher Heimbeatmung. Die Symptomatik der Familie korreliert mit der Repeatexpansion in der CTG-Region des DMPK1-Gens. Die Mutter zeigt derzeit im Alter von 36 Jahren keine Symptome der Myotonen Dystrophie. Beim 16-jährige Bruder besteht eine Archillessehnenverkürzung unklarer Genese, aber keine motorische Retardierung. Der 3-jährige fiel durch eine retardierte statomotorische und Sprachentwicklung bei deutlicher Muskelhypotonie auf. Im DMPK1-Gen auf dem Chromosom 19q13.2 fand sich beim Indexpatienten 750, beim muskelhypotonen Bruder 610 und bei der Mutter 82 CTG-Einheiten jeweils auf 1 Allel [normal 5–30). Der große Bruder zeigte 2 unbetroffene Allele. Schlussfolgerung: Schwangere aus Muskelhypotonie-belasteten Familien sollten im Perinatalzentrum Level 1 entbunden werden, auch wenn der Ausprägungsgrad der Muskelhypotonie vorheriger Kinder mild war. Mit einem CTG-Repeat größer 500 CTG-Einheiten im DMPK1-Gen können schwerste Symptome einschließlich respiratorischer Insuffizienz beim Neugeborenen auftreten. Die genetischen Beratung in Familien mit Myotoner Dystrophie muss die Möglichkeit der Vergrößerung des CTG-Repeats mit den möglichen Konsequenzen berücksichtigen.