Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - PO_08_07
DOI: 10.1055/s-2007-1002987

Teratogenes Potential einer Lithium-Medikation in der Frühschwangerschaft

WE Paulus 1, S Schloemp 1, F Stoz 2
  • 1Institut für Reproduktionstoxikologie, Ravensburg
  • 2Oberschwabenklinik, KH St. Elisabeth, Frauenklinik, Ravensburg

Einführung: Auf der Basis älterer retrospektiver Fehlbildungsregister vermutete man einen Zusammenhang zwischen einer intrauterinen Lithium-Exposition im I.Trimenon und kardiovaskulären Anomalien.

Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1989 und 2006 90 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Lithiumpräparaten in der Frühgravidität dokumentiert. Die Befunde wurden mit den Daten eines Kontrollkollektives (n=679) aus demselben Zeitraum verglichen, das nicht oder unproblematisch exponiert war.

Ergebnisse: Die beiden Kollektive stimmten im Gestationsalter bei erster Konsultation (Median: 53 bzw. 51 Tage) überein. Die Spontanabortrate nach Anwendung von Lithium unterschied sich mit 10,8% (8/74) nicht signifikant vom Kontrollkollektiv mit 11,6% (77/661). Kongenitale Anomalien fielen nach Medikation mit Lithium (6/66=9,1%) zwar tendenziell häufiger auf als im Kontrollkollektiv (26/584=4,5%, p=0,12; relatives Risiko 2,04; 95%-Konfidenzintervall 0,77–4,94), erreichten jedoch nicht das Signifikanzniveau. Ein homogenes Fehlbildungsmuster zeigte sich nicht, in zwei Fällen war das kardiovaskuläre System betroffen. Allerdings lag die Rate der Schwangerschaftsabbrüche ohne embryopathische Indikation nach Therapie mit Lithium im I.Trimenon (16/90=17,8%) signifikant (p<0,0001) über dem Anteil in der Kontrollgruppe (18/679=2,7%).

Schlussfolgerung: Unsere prospektive Studie konnte den Verdacht eines erhöhten Risikos für kardiovaskuläre Anomalien nach Lithiummedikation in der Frühschwangerschaft nicht erhärten. Eine Erweiterung des Kollektivs ist zur Klärung des reproduktionstoxikologischen Risikos anzustreben.