Hintergrund: Die interferoninduzierte Depression ist eine mögliche schwerwiegende Nebenwirkung
bei der Therapie von Patienten mit chronischer Hepatitis C-Infektion. Bislang ist
die Datenlage zu zugrunde liegenden Mechanismen und möglichen prädisponierenden Faktoren
der IFN-induzierten Depression nicht zufrieden stellend.
Patienten und Methoden: Wir behandelten 139 ambulante Hepatitis-C-Patienten mit einer antiviralen Therapie
auf der Basis von Interferon alpha-2b. Dabei untersuchten wir in einer prospektiven
monozentrischen Längsschnittstudie den Einfluss funktionaler genetischer Variationen
des Serotonin-Stoffwechsels im ZNS, die schon in früheren Studien mit einem generell
erhöhten Depressionsrisiko in Verbindung gebracht wurden. Das Ausmaß der depressiven
Symptomatik wurde mithilfe des HADS (Hospital Anxiety and Depression Scale) erfasst.
Alle Patienten wurden in Bezug auf unterschiedliche Varianten des 5-HT1A-Rezeptors (HTR1A), des 5-HT-Transporters (SLC6A4, 5-HTT) und der Tryptophan-Hydroxylase-2
(TPH2) genotypisiert. Ergebnisse: Das Vorliegen der homozygoten HTR1A-1019G Variante erhöhte in signifikanter Weise
sowohl die Inzidenz als auch den Schweregrad der beobachteten inteferoninduzierten
depressiven Symptomatik. Der maximale Anstieg der HADS Scores stand in signifikantem
Zusammenhang mit dem HTR1A-Polymorphismus (P=0.011). Fälle klinisch relevanter Depressionswerte
traten gehäuft bei Patienten mit dem HTR1A-1019G Genotyp auf (P=0.017, OR=2.95). 5-HTT
und TPH2 lieferten keinen signifikanten Beitrag zum Vorhersagemodell der IFN-induzierten
Depression auf der Grundlage von HTR1A (Sensitivität 35.9%, Spezifität 84.0%). Schlussfolgerung: Vorhersagemodelle auf der Basis der HTR1A-Variation eröffnen die Perspektive einer
gezielten antidepressiven Prophylaxe bei Patienten mit erhöhtem genetischem Risiko
für die Entwicklung IFN-induzierter depressiver Symptome.