Z Gastroenterol 2006; 44 - P_7
DOI: 10.1055/s-2006-955477

Arzt-Patienten-Beziehung und „Disclosure“-Verhalten bei Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Infektion

A Schäfer 1, M Scheurlen 1, M Felten 1, W Scheppach 1, MR Kraus 1
  • 1Medizinische Klinik und Poliklinik II der Universität Würzburg, Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie

Hintergrund: Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Infektion sehen sich mit verschiedensten potentiellen psychischen Belastungsfaktoren konfrontiert. Solche Einflüsse, die sich auf das Arzt-Patienten-Verhältnis und die Mitteilung der eigenen HCV-Infektion beziehen, wurden bislang nicht systematisch untersucht.

Patienten und Methoden: Im Rahmen einer monozentrischen Querschnittstudie evaluierten wir insgesamt 103 Patienten. Zur Datenerhebung wurde ein voll strukturiertes und standardisiertes Interview eingesetzt, das speziell für diesen Zweck entwickelt wurde (Disclosure-Verhalten, Stigmatisierungs-Erfahrungen, Arzt-Patienten-Verhältnis). Weiterhin kamen für die psychometrische Erhebung folgende Selbsteinschätzungs-Instrumente zum Einsatz: HADS (Hospital Anxiety and Depression Scale), SCL-90-R (Symptom-Checkliste, global severity index), IIP-C (Inventory of Interpersonal Problems, Gesamtwert).

Ergebnisse: Die Gesamtrate der Offenheit in Bezug auf die vorhandene HCV-Infektion betrug 44.7% für alle erfassten Arztkontakte. Jedoch gaben 75% der Befragten an, den positiven HCV-Status bei künftigen Arztbesuchen mitzuteilen (P<0.050). Im Kontakt mit Familie und Freunden war die Mitteilungsquote deutlich höher (Lebenspartner: 99%, Durchschnitt: 76.7%). Das Mitteilungsverhalten der Patienten stand in keinem signifikanten Zusammenhang mit soziodemographischen oder Persönlichkeitsvariablen (binäre logistische Regressionsanalyse: P>0.050). Vergleichbar verhielt es sich mit den HADS-Subskalen und den Daten des SCL-90-R. Berichte über Stigmatisierungerfahrungen (38.8% insgesamt) waren signifikant häufiger bei Frauen (P=0.014) und bei Patienten mit zum Zeitpunkt der Befragung höheren Depressionswerten (P=0.029). Schlussfolgerung: Unseren Ergebnissen zufolge besteht ein Aufklärungsbedarf um die Arzt-Patienten-Kommunikation bzw. -Interaktion zur verbessern. Wichtig für den klinischen Alltag erscheint, dass die Patienten aktiv und explizit nach ihrem HCV-Status gefragt werden sollten – von einer unaufgeforderten Aufklärung von Seiten der Patienten kann unseren Ergebnissen zufolge nicht selbstverständlich ausgegangen werden.