ZFA (Stuttgart) 2006; 82(12): 527
DOI: 10.1055/s-2006-955227
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Eine überraschende Wendung …

W. Niebling1
  • 1Lehrbereich Allgemeinmedizin, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
02. Januar 2007 (online)

„Medizinische, ökonomische und politische Entwicklungen der letzten Zeit … machen aus Sicht der Autoren eine Rückbesinnung auf Prinzipien der rationalen Pharmakotherapie im hausärztlichen Bereich notwendig. Rationale Pharmakotherapie umfasst u. a. die Reflexion der eigenen Verordnungen …, den kritischen Umgang mit Aussagen pharmazeutischer Unternehmen sowie die regelmäßige Lektüre unabhängiger Informationen …”.

Sie erinnern sich: So leiteten Michael M. Kochen und Wilhelm Niebling im Juliheft der ZFA eine durch Hausärzteverband und Barmer Ersatzkasse intendierte Serie ein. Geplant waren zunächst ein Einführungsartikel und vier weitere Arbeiten zu Brennpunkten hausärztlicher Verordnungen. Erscheinen sollten sie auch als Nachdruck in „Der Hausarzt”, - am Barmer Hausärztevertrag beteiligte Kolleginnen und Kollegen sollten durch eine Faxaktion die jeweiligen Artikel vorab erhalten.

Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass sich an der konkreten Umsetzung dieses Plans heftige Diskussionen entzünden sollten. Involviert waren Arzneimittelhersteller, die Barmer Ersatzkasse, der MedKomm-Verlag („Der Hausarzt”), der Deutsche Hausärzteverband sowie der Thieme-Verlag, die Herausgeber und natürlich die Autoren selbst.

Die Diskussion zwischen Verlag und Autoren eskalierte zum Konflikt, als die Serie nach Erscheinen des ersten Artikels unterbrochen wurde: Der Verlag forderte eine ergänzende Nachbearbeitung des versandfertigen Textes zur Verordnung von Protonenpumpeninhibitoren. Die Autoren sahen diesen Vorschlag als unzulässigen Eingriff in die Artikelserie an und entzogen Thieme das Copyright.

„Zensur”, so die Autoren und Herausgeber, „Qualitätsmängel und Interessenkonflikte”, so der Verlag lauteten die Interpretationen der Abläufe durch die Kontrahenten.

Ein zunehmender gegenseitiger Vertrauensverlust ließ eine Trennung von DEGAM und Thieme-Verlag und damit eine unsichere Zukunft für die ZFA unvermeidlich erscheinen.

In dieser Situation, vor der außerordentlichen DEGAM-Mitgliederversammlung am 11. Nov. 2006 in Köln, sind beide Seiten, Autoren und Herausgeber sowie der Verleger und Verantwortliche des Verlages, aufeinander zugegangen und haben festgestellt, dass sie auf der Basis der langjährigen guten Zusammenarbeit die Möglichkeit sehen, aus dieser Krise nicht getrennt, sondern gestärkt hervorzugehen. Sie haben sich auf eine gemeinsame Erklärung (siehe S. 528) geeinigt, flankiert von einem abgestimmten Maßnahmenpaket. Dies sieht u. a. vor

die Fortsetzung der bislang unveröffentlichten Teile der Artikelserie zur rationalen Pharmakotherapie (Thrombozytenaggregationshemmer; Morphinpräparate) ein Gutachterverfahren für alle Beiträge (und nicht wie bisher nur für Originalarbeiten) den regelmäßigen Abdruck aller Ausgaben von „Infomed-Screen” (6 ×/Jahr), der im hausärztlichen Bereich wohl besten deutschsprachigen Zeitschrift für evidenzbasierte Medizin - ohne Erhöhung des DEGAM-Mitgliederbeitrages den vollständigen Verzicht auf Fremdanzeigen bei ohnehin geringer Nachfrage.

Diese Vorschläge hat die außerordentliche Mitgliederversammlung ohne Gegenstimmen bei einer Stimmenthaltung angenommen und damit für die Fortsetzung der Zusammenarbeit von DEGAM und Thieme-Verlag votiert.

Liebe Leserinnen und Leser, wir, die Herausgeber, meinen dass beide Seiten damit einen mutigen Schritt getan haben, zur Stärkung unserer Fachgesellschaft und zur Weiterentwicklung unserer Zeitschrift.

Eine friedvolle Weihnachtszeit, Glück, Gesundheit und Wohlergehen im Neuen Jahr 2007 wünschen Ihnen

H.-H. Abholz, E. Baum, M. M. Kochen, W. Niebling, S. Quantz

Prof. Dr. W. Niebling

Facharzt für Allgemeinmedizin, Lehrbereich Allgemeinmedizin ·Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Schwarzwaldstraße 69

79822 Titisee-Neustadt

eMail: wniebling@t-online.de

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