Zeitschrift für Phytotherapie 2006; 27 - V23
DOI: 10.1055/s-2006-954889

Neue Wege in der Misteltherapie: Adjuvante intravesikale Therapie des oberflächlichen Harnblasenkarzinoms mit dem standardisierten Mistelextrakt PS76A2

U Mengs 1, U Elsässer-Beile 2, C Leiber 2, U Wetterauer 2
  • 1MADAUS GmbH, Köln
  • 2Urologische Klinik der Universität Freiburg

Mistelextrakte werden bei Tumorpatienten vorwiegend subkutan zur Verbesserung des Immunstatus und der Lebensqualität eingesetzt.

Aufgrund der Apoptose-induzierenden bzw. zytotoxischen Eigenschaften der Mistellektine (ML) war anzunehmen, dass Mistelextrakte auch direkt antitumoral wirken, wenn diese in ausreichender Konzentration an den Tumor gelangen. Es war daher naheliegend, dies am Modell des Harnblasenkarzinoms zu prüfen, da hier eine lokale Therapie mit definierten Konzentrationen möglich ist.

Der auf Mistellektin eingestellte Mistelextrakt PS76A2 zeigte in vitro an einem breiten Spektrum von humanen Tumorzelllinien und Xenografts bereits im Pico- und Nanogrammbereich zytotoxische Wirkungen. Auch diverse Zelllinien von humanen Harnblasenkarzinomen erwiesen sich als sensitiv. In vivo konnten in zwei verschiedenen Harnblasenmodellen antitumorale Wirkungen nach intravesikaler Applikation beschrieben werden. PS76A2 bewirkte im murinen MB49-Modell ein verzögertes Tumorwachstum und erhöhte somit die Überlebensrate gegenüber Plazebo. Auch isoliertes Mistellektin führte bei Ratten mit chemisch induzierten Harnblasentumoren zu einer geringeren Karzinomrate im Vergleich zur Kontrolle. Die wirksame Konzentration lag in beiden Fällen bei 300 ng ML/ml.

Diese positiven experimentellen Ergebnisse führten zu einer ersten Phase-I/II-Studie, in die 30 Patienten mit oberflächlichem Harnblasenkarzinom der Stadien Ta und T1 und dem Grading G1 bis G2 aufgenommen wurden. Sie erhielten im Anschluss an die transurethrale Resektion (TUR) sechs Instillationsbehandlungen mit dem auf Mistellektin eingestellten Mistelextrakt PS76A2 in aufsteigenden Konzentrationen bis zu 5000 ng ML/ml. Alle bisher geprüften Konzentrationen wurden von den Patienten gut vertragen. Die Rezidivrate innerhalb eines Jahres entsprach mit ca. 30% der Therapie mit BCG (Bacillus Calmette-Guerin), die jedoch mit erheblichen Nebenwirkungen behaftet sein kann.

Aufgrund dieser Befunde kann der auf Mistellektin eingestellte Mistelextrakt PS76A2 als mögliche Alternative zu BCG in der Therapie des oberflächlichen Harnblasenkarzinoms gesehen werden; seine Wirksamkeit sollte in weiteren klinischen Studien verifiziert werden.