Aktuelle Ernährungsmedizin 2006; 31 - P58
DOI: 10.1055/s-2006-954559

Curriculare Fortbildung für Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin in integrierten Versorgungsverträgen – Ein in der Adipositas-Euregio-Bodensee erprobtes Fortbildungssystem

K Stübing 1, B Jochum 2
  • 1Fachklinik Scheidegg, Rehabilitation für Kinder und Jugendliche, Scheidegg
  • 2Arzt für Kinder- und Jugendheilkunde, Lustenau, Vorarlberg

Einleitung: Die integrierte Versorgung stellt eine vernetzte Behandlungsform in mehreren Ebenen dar. Niedergelassene Kinder- und Jugendärzte können sowohl in der Primär- und Basisversorgung als auch intensiver in Schwerpunktpraxen oder als Mitglieder in Schulungsteams tätig sein. Aufgrund ihrer Patientenbeziehung und der Kenntnisse der familiären Ressourcen sind sie zu einer individuellen Langzeitbehandlung ihrer Patienten prädestiniert. Ein Teil der adipösen Kinder und Eltern kann in der Primärversorgung ausreichend behandelt werden. Eine weitere Patientengruppe kann Patientenschulungs-Programmen zugewiesen werden, benötigt aber eine begeleitende Versorgung und Überwachung durch den niedergelassenen Pädiater. Eine dritte Patientengruppe muss in Abhängigkeit ihrer psychosozialen und komplexen Probleme spezialisierten Behandlungseinrichtungen anvertraut werden. Auch diese Patienten benötigen ein vertrauensvolles und kontinuierliches coaching durch den niedergelassenen Arzt für Kinder- und Jugendmedizin. Diese Aufgaben erfordern eine spezifische Fortbildung für die Probleme der Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Allgemein anerkannte Fortbildungsangebote stehen zurzeit noch nicht zur Verfügung, Inhalte, Intensität und Dauer werden kontrovers diskutiert und konnten von Fachgremien bisher nicht standardisiert festgelegt werden. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Bereitstellung von Daten für die Entwicklung standardisierter und ggf. zertifizierter Fortbildungsprogramme für Ärzte als „Adipositas-Casemanager“. Methoden: Abgeleitet aus Patientenschulungsprogrammen, die dem Konsensuspapier des BMGS 2004 (1) entsprechen und aus dem Kurrikulum der KgAS- Trainerausbildung (2) wurden 10 Seminartage für Kinder- und Jugendärzte in verschiedenen Versionen durchgeführt. Im Anschluss an die Fortbildungen wurde eine Reflexion durch die angesprochenen Kollegen und die Referenten vorgenommen. Dabei wurde die erreichte Befähigung der Ärzte in einer Selbstbewertung eingeschätzt, die Bewertung der adipositas-erfahrenen Referenten berücksichtigt und der Zeitaufwand, die Einnahmen und Ausgaben in Beziehung gesetzt. Ergebnisse: Aus den adipositasrelevanten Themen wurden 9 Schwerpunkte selektiert, die von allen Beteiligten als essentiell für das Wissen eines Arztes in der integrierten Versorgung eingestuft wurden. Diese wurden detailliert ausgearbeitet und können Fortbildungszentren zur Verfügung gestellt werden: Medizinische Grundlagen, Prävention, Erfahrungen mit adipösen Kindern in der Praxis, Beteiligung der Familie, Körperliche Aktivität und Sport, Ernährungs- Kommunikation, Motivation, Verhaltenstherapie in der Adipositasberatung, das Familiengespräch in der Praxis, differentielle Therapie, regionale und überregionale Kooperationen. Als optimal wurde ganztags ein Fortbildungstag (meinst Samstag) angesehen, an dem 7 Schwerpunkte abgehandelt werden können, eine Vertiefung und Berücksichtigung 2 weiterer Schwerpunkte sollten an ergänzenden Fortbildungsabenden begleitend zur integrierten Versorgung erfolgen. Fazit: Nach einem kompletten Fortbildungstag mit 7 Zeitstunden können Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin eine Teilnahme an einer integrierten Versorgung adipöser Kinder und ihrer Familien beginnen, eine Vertiefung in mindestens 2 weiteren Fortbildungen (halbtags, abends) ist begleitend zur integrierten Versorgung erforderlich.

Ref.: 1. BZgA 2005, Gesundheitsförderung konkret 2. KgAS- Handbuch 2004, www.adipositasschulung.de