Aktuelle Ernährungsmedizin 2006; 31 - P53
DOI: 10.1055/s-2006-954554

Grundschulkinder als Gesundheitsexperten Intensivierung der körperlichen Aktivität durch integrierte Schulung und Gestaltung des Bewegungsraums Schule

M Siegrist 1, M Goll 1, A Läufer 1, M Halle 1
  • 1Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin, TU München

Einleitung und Ziel: Bewegungsarmut im Kindesalter ist ein immer größer werdendes Problem. Viele Kinder in Deutschland bewegen sich weniger als eine Stunde. Dies führt zu einem Anstieg von Koordinationsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten, Herzkreislauf-Regulationsstörungen sowie von Übergewicht und Adipositas. Besonders betroffen davon sind Kinder in sozialen Brennpunkten.

Ein neuer innovativer Ansatz versucht die Kinder als Hauptakteure für das eigene gesundheitsbewusste Verhalten zu gewinnen und über monatliche Interventionen nachhaltige Verhaltensänderungen zu erreichen, integriert im Kontext Schule unter Einbezug der gesamten Schulsituation, der Lehrkräfte und der Eltern. Methoden: Zu Beginn des Gesundheitsprojekts (2/2006 bis 5/2006) wurden an acht Grundschulen (787 Kinder der 2. und 3. Klassen, 7–10 Jahre) in unterschiedlichen Regionen Bayerns die Ausgangs-Daten zur Anthropometrie (Größe, Gewicht, Bauchumfang, %-Körperfettgehalt), zur körperlichen Aktivität (Aktivitätsfragebogen, Motorik-Modul nach Bös, Karlsruhe) und zur körperlichen Fitness (Münchner Fitnesstest nach Rusch, München) erhoben. Ergebnisse: 1. Die Prävalenz übergewichtiger und adipöser Kinder variierte stark zwischen den einzelnen Schulen (14% bis 26%) 2. In den Schulen mit sozial schwierigem Umfeld war der Anteil übergewichtiger und vor allem extrem adipöser Kinder (über der 99,5. Perzentile) höher als an anderen Schulen 3. In den Schulen in sozialen Brennpunkten nahmen deutlich weniger Kinder an Angeboten der Sportvereine teil (nur 35–40%, in anderen Schulen 70–80%) oder waren in der Freizeit körperlich aktiv 4. Die Daten zum Münchner Fitnesstest werden derzeit ausgewertet. Schlussfolgerungen: Kinder mit Übergewicht oder Adipositas sind in nahezu jeder Klasse anzutreffen, besorgniserregend ist der zunehmende Anteil adipöser Kinder. Kinder in sozial schwierigem Umfeld sind mehr betroffen und gleichzeitig deutlich weniger körperlich aktiv. Dieser Aspekt verstärkt die Problematik Übergewicht und Adipositas, die besonders in bildungsfernen Schichten anzutreffen ist, zusätzlich. Gezielte, schulspezifische Interventionsmaßnahmen zur Gesundheitsförderung sind bereits im Grundschulalter dringend geboten.