Aktuelle Ernährungsmedizin 2006; 31 - P41
DOI: 10.1055/s-2006-954542

Effekte einer stationären Adipositas-Therapie bei Kindern und Jugendlichen

A Pertl 1, M Siegrist 1, S Altenburg 1, B Wolfarth 1, H Langhof 2, M Halle 1
  • 1Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin, TU München
  • 2Rehabilitationsklinik Schönsicht, Berchtesgaden

Einleitung und Ziel: Die Entwicklung der Adipositas wird durch genetische Faktoren und Umweltfaktoren bedingt. Die Bedeutung der genetischen Prädisposition für das Ansprechen einer Adipositas-Therapie ist bisher ungeklärt. Patienten und Methoden: Zur Klärung dieser Fragestellung wurde im Rahmen einer prospektiven Langzeitbeobachtung über 10 Jahre (n=500) zum Einfluss von genetischer Disposition und Langzeittherapieerfolg bei 99 Kindern und Jugendlichen (Alter 8–18 Jahre) Basisuntersuchungen (Visit 1) sowie Vergleichsuntersuchungen nach einer stationären Behandlung von 4–6 Wochen (Visit 2) in einer Rehabilitationsklinik durchgeführt. Während des Aufenthalts in der Klinik erhalten die Kinder und Jugendlichen eine kalorienreduzierte Mischkost (ca. 1400–1600 kcal). Das Sportprogramm, bestehend aus Schwimmen, Gruppensport, Haltungsgymnastik, Wassergymnastik und Wandern, umfasst mindestens 10 Stunden pro Woche. Außerdem nehmen die Kinder einmal pro Woche an verhaltenstherapeutischen Gruppen teil.

Zu Beginn und am Ende der Therapie werden Körpergröße, -gewicht, Blutdruck, Pubertätsstatus nach Tanner, Cholesterin, LDL-/HDL-Cholesterin, Triglyceride, GOT, Glucose, Harnsäure und TSH basal bestimmt, und zudem eine stufenweise ansteigende Fahrradergometrie bis zur Ausbelastung durchgeführt. Weitere Untersuchungen sind nach 6 Monaten, 1, 2, 5 und 10 Jahren geplant (Visit 3–7). Ergebnis: 1. Gewichtsreduktion von 10,1±5,5kg (n=97) 2. Veränderungen des BMI-SDS (n=99): 27 extrem adipöse Kinder/Jugendliche konnten nach der Therapie als adipös eingestuft werden, 20 adipöse Kinder/Jugendliche verließen die Klinik als übergewichtig, aber nicht mehr adipös, 3 erreichten ihr alters- und geschlechtsspezifisches Normalgewicht 3. Verringerung des Bauchumfangs um durchschnittlich 6,7±5,5cm (n=71) 4. Fahrradbelastung: Steigerung der relativen Leistung um 0,1–1,3 Watt/kg Körpergewicht bei den meisten Probanden (n=92). Schlussfolgerung: Eine 4- bis 6-wöchige stationäre Lebensstilintervention führt zur Reduzierung von Körpergewicht und Bauchumfang. Dennoch geben erst die Ergebnisse über einen längeren Beobachtungszeitraum bis ins Erwachsenenalter und unter Berücksichtigung der Genetik Aufschluss darüber, ob diese Art der Adipositastherapie langfristig für die einzelnen Patienten effektiv ist.