Aktuelle Ernährungsmedizin 2006; 31 - P32
DOI: 10.1055/s-2006-954533

Sportmotivation übergewichtiger Jungen und Mädchen

S Kopczynski 1, A Sittart 1, K Müller 1, A Chen-Stute 2, M Kellmann 1
  • 1Fakultät für Sportwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum
  • 2Adipositaszentrum Oberhausen & Bethesda Krankenhaus Duisburg

Einleitung und Ziel: Dem Sportverhalten zugrunde liegenden motivationalen Aspekten wird maßgebliche Bedeutung für die Aneignung und Aufrechterhaltung eines sportlich aktiven Lebensstils beigemessen (z.B. Telama, 1998). Daher ist die langfristige Motivation zur Sportteilnahme als wesentliche Zielsetzung übergewichts- und adipositasbezogener Interventionen zu betrachten. Da die aktuelle Forschungslage keinen Aufschluss bezüglich der Ausprägung sportspezifischer Verhaltenspräferenzen bei normal- und übergewichtigen Jugendlichen gibt, wird diese Fragestellung in der nachfolgend dargestellten Studie behandelt. Stichprobe und Methoden: Es wurden die Daten von insgesamt 321 Jugendlichen (164 weiblich; 157 männlich) im Alter von 11 bis 16 Jahren herangezogen, die an freiwilligen Sportaktivitäten teilnahmen. Im Rahmen einer schriftlichen Befragung wurden mit einer modifizierten Form der Teilnahmemotivationsskalen von Alfermann, Saborowski und Würth (1997) der Stellenwert typischer Beweggründe (z.B. Spaß, Geselligkeit, Leistung) für die Sportteilnahme sowie sportbiografische Aspekte erfasst. Die Erfassung von Körpergröße und –gewicht ermöglichte den Vergleich der Motivausprägungen von übergewichtigen (n=48) und normalgewichtigen (n=273) Jugendlichen. Ergebnisse: In Bezug auf die Motivdimensionen Spaß, Gesundheit/Fitness, Leistungen erbringen, Alltagsausgleich und Fertigkeiten verbessern konnten mittels Mann-Whitney-U-Test nur geringe und nicht signifikante Differenzen zwischen Normal- und Übergewichtigen ermittelt werden. Tendenziell signifikant höhere Werte ergaben sich für die übergewichtigen Jugendlichen hinsichtlich der Subskalen Geselligkeit/soziale Kontakte (p=,065) sowie extrinsische Motivation (Orientierung an Erwartungen des sozialen Umfelds, p=,001). Im Geschlechtervergleich werden statistisch bedeutsame gewichtsstatusabhängige Unterschiede in Form einer stärkeren Ausprägung der Leistungs- und Wettbewerbsmotivation (p=,014) sowie der extrinsischen Motivation (p=,000) lediglich innerhalb der Gruppe der weiblichen Untersuchungsteilnehmer deutlich. Schlussfolgerung: Den Ergebnissen zufolge stellen Spaß, Gesundheit und Fitness, sportlicher Leistungsvergleich, Ausgleich und Spannungsabbau sowie die Verbesserung des eigenen sportlichen Könnens sowohl für normal- als auch übergewichtige Jugendliche maßgebliche Motive für sportliche Aktivität dar. Bei den übergewichtigen Jugendlichen ist die Teilnahme an sportlicher Aktivität offenbar etwas stärker durch soziale Aspekte bestimmt. Die markanteste beobachtete Gruppendifferenz in Form einer stärker ausgeprägten Tendenz der übergewichtigen Mädchen zur Orientierung an den Erwartungen anderer beim Sporttreiben ist nach Vögele (2003) als problematisch im Hinblick auf die regelmäßige Ausübung von und langfristige Bindung an Sportaktivitäten zu betrachten. Literatur: Alfermann, D., Saborowski, C. & Würth, S. (1997). Soziale Einflüsse auf die Karriereübergänge bei jugendlichen Athletinnen und Athleten in Großbritannien und den neuen Bundesländern. Unveröffentlichter Forschungsbericht, Universität Leipzig. Telama, R. (1998). Psychological Background of a Physically Active Lifestyle Among European Youth. In R. Naul, K. Hardman, M. Piéron & B. Skirstad (Eds.), Physical Activity and Active Lifestyle of Children and Youth (pp. 63–74). Schorndorf: Karl Hofmann. Vögele, C. (2003). Sport und Bewegung als Behandlungsansatz. In F. Petermann & V. Pudel (Hrsg.), Übergewicht und Adipositas (S. 283–302). Göttingen: Hogrefe.