Aktuelle Ernährungsmedizin 2006; 31 - V42
DOI: 10.1055/s-2006-954495

Charakterisierung einer Neuromedin-U-Rezeptor-2-Variante und ihr Einfluss auf die Regulation der Nahrungsaufnahme

H Vogel 1, K Schmolz 1, M Pyrski 2, B Bufe 2, R Nogueiras 1, F Rüschendorf 3, M Nestler 1, C Zahn 1, HG Joost 1, A Schürmann 1
  • 1Abteilung Pharmakologie, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Potsdam-Rehbrücke
  • 2Abteilung Molekulare Genetik, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Potsdam-Rehbrücke
  • 3Abteilung für Bioinformatik, Gene Mapping Center, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), Berlin-Buch

Einleitung: Intracerebroventrikuläre Injektion von Neuromedin U (NmU) resultiert bei Nagern in einer Reduktion der Nahrungsaufnahme. Dieser Effekt wird über den im Hypothalamus exprimierten Neuromedin-U-Rezeptor-2 (NmUR2) vermittelt. Im adipösen New Zealand Obese- (NZO-) Mausstamm wurden durch Sequenzanalysen mehrere Basenaustausche für diesen Rezeptor identifiziert, deren funktionelle Bedeutung durch Assoziationsstudien in einem [NZOxC57BL/6]F2 Intercross Modell bestätigt werden konnte. Methoden: Männlichen, 8–11 Wochen alten C57BL/6- und NZO-Mäusen wurden vor Beginn der Dunkelphase 6µg NmU icv-injiziert und für 24h ihre Nahrungsaufnahme in einem Feeding/Drinking-Monitoring-System dokumentiert. Verschiedene NmUR2-Varianten wurden im HEK293 Zellsystem überexprimiert und für immuncytochemische und Ca 2+ -Imaging-basierte Analysen verwendet. Die Bestimmung der mRNA-Expressionen erfolgte über die quantitative RT-PCR und die Proteinlevel wurden mithilfe eines Western Blots immunologisch überprüft. Ergebnisse: 12h nach erfolgter icv NmU-Applikation zeigten C57BL/6-Tiere eine um 60% reduzierte Nahrungsaufnahme im Vergleich zur Kontrollgruppe, wohingegen diese bei NZO-Mäusen lediglich um 35% reduziert war. Überexpression des NmUR2 in HEK293 Zellen resultierte nach NmU-Stimulation in einem dosisabhängigen Ca2+-Flux, während die NZO-Variante keine funktionelle Aktivität aufwies. Expressionsanalysen zeigten, dass sich die mRNA-Level des NmUR2NZO nicht vom Wildtyp unterscheiden, aber die Proteinmenge des NmUR2NZO deutlich niedriger als die des Wildtyps waren. In Assoziationsstudien einer [NZOxC57BL/6]F2 Intercross Population wiesen Träger der NZO–NmUR2-Genvariante ein signifikant (p≤0,03) erhöhtes Körpergewicht (58,7±7,8g) im Vergleich zu Wildtyptieren (56,2±6,3g) auf. Schlussfolgerung: Die in dem murinen Adipositas-Modell identifizierten SNPs für den Neuromedin-U-Rezeptor-2 führen aufgrund einer verringerten Proteinexpression und der funktionellen Beeinträchtigung zu einer Resistenz gegenüber des anorexigenen Effektes von NmU. Die Daten zeigen, dass NmUR2 ein geeignetes Kandidatengen für humane Adipositas ist.