Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2006; 16 - A34
DOI: 10.1055/s-2006-954336

Unterwassertherapie bei intensivpflichtigen Patienten – eine Fallbeschreibung

M Herceg 1, A Raab 1, P Stockreiter 1, M Nagelschmidt 1, C Spiss 1, T Paternostro-Sluga 1
  • 1Univ. Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, AKH Wien

Einführung: Die Frührehabilitation von intensivpflichtigen Patienten setzt sich zum Ziel Wahrnehmung, Wachheitsgrad, Respiration und Motorik zu fördern. Damit soll die Liegedauer an der Intensivstation, in Abhängigkeit vom Verlauf der Grunderkrankung, möglichst kurz gehalten und der Dekonditionierung mit massiven Einschränkungen der Sensomotorik entgegengewirkt werden.

Die klinische Erfahrung zeigt, dass die Unterwassertherapie (UWT) bei protrahiertem Intensivaufenthalt die Fähigkeit zur selbständigen Vertikalisierung fördert und die Atemmechanik verbessert. Zusätzlich ergibt sich ein hochpositiver Einfluss auf Psyche und Motivation.

Patient: 76 jähriger Patient mit Platzbauch bei St. p. intestinaler Rekonstruktion, Hartmann Re-OP 12/05, im Anschluss mehrfache Revisionen; seit 12/05 in Behandlung auf der allgemeinchirurgischen Intensivstation der Univ. Klinik für Chirurgie, im AKH Wien.

Verlauf: Nachdem sich der Allgemeinzustand des Patienten nach mehrfachen Revisionen stabilisiert hatte, zeigt sich eine massive Schwäche der unteren Extremitäten und des Rumpfes, sodass die Querbett-Mobilisation nur mit Unterstützung möglich und ein selbständiger Stehversuch (STV) negativ war. Der Patient war zu diesem Zeitpunkt tracheostomiert und mit CPAP beatmet. Trotz intensiver Bewegungstherapie und Atemtherapie, Wahrnehmungstraining und Elektrotherapie gestaltete sich die Vertikalisierung des Patienten sehr schwierig. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Indikation zur UWT gestellt.

Therapie: Kräftigungs- und Vertikalisierungsübungen, Stehen und Gehen sowie Stiegen steigen im Wasser. Zum Zeitpunkt der ersten beiden Therapieeinheiten war der Patient noch beatmet. In weiterer Folge konnte er von der Beatmung entwöhnt werden. Es kam zu einer schlagartigen Verbesserung der Sensomotorik nach nur zwei Therapieeinheiten: die STV waren mit Unterstützung möglich, verbesserte Rumpfkontrolle mit deutlich längeren Querbettzeiten. Voraussetzungen zur UWT bei intensivpflichtigen Patienten: Minimale Kopfkontrolle, keine Wasserscheu, der Patient muss in der Lage sein der UWT zuzustimmen und diese auch wollen. Kontraindikationen für UWT: Stuhlinkontinenz, Harninkontinenz ohne Katheter, Hautinfektionen, Herzinsuffizienz, schwere pAVK mit troph. Störungen, offene Wunden die nicht wasserdicht abdeckbar sind, Ohrenentzündung, perforiertes Trommelfell; hochgradige COPD (relative KI), Epilepsie (relative KI).

Konklusion: Eine Unterwassertherapie kann bei Langzeitintensivpatienten eine Verbesserung der Sensomotorik, Atemmechanik und Motivation erzielen.