Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - P12_6
DOI: 10.1055/s-2006-954206

Herausforderungen bei der Erforschung spiritueller Fragen im medizinischen Kontext

T Hagen 1, T Roser 2, G Linke 3, M Fegg 3, G Borasio 3
  • 1Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin und Ökumenisches Seelsorgezentrum, Klinikum der LMU München, Erzbischöfliches Ordinariat München
  • 2Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin und Ökumenisches Seelsorgezentrum, Klinikum der LMU München, Evangelisch-Theologische Fakultät der LMU München
  • 3Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin, Klinikum der LMU München

Einleitung: Die am Interdisziplinären Zentrum für Palliativmedizin durchgeführte Studie SPIR zur Erhebung spiritueller Bedürfnisse und Ressourcen von Patienten mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung (Interviews randomisiert durchgeführt durch Seelsorgern oder Ärzten) zeigte eine hohe Drop-out-Rate (41,6%). Die Untersuchung hatte zwar gezeigt, dass Patienten es als hilfreich und wenig belastend empfinden, wenn sie insbesondere von ärztlichem Personal nach ihrer Spiritualität oder Religiosität befragt werden. Zur Verbesserung des Studiendesigns erschien es nötig, die Gründe der hohen Drop-out-Rate zu untersuchen, vor allem die Akzeptanz des Forschungsauftrags über spirituelle Fragen im medizinischen Kontext unter Berücksichtigung der sich möglicherweise ergebenden subjektiven Belastungen. Methoden: Alle Interviewer (10 Seelsorger, 7 Ärzte) wurden mittels Fragebogen (Numerische Rating Skalen 0–10 und freie Antworten) zu folgenden Themen befragt: Wichtigkeit spiritueller Fragen für das eigene Leben, Einschätzung der eigenen Ausbildung und Erfahrung in Spiritual Care, Einstellung gegenüber der Studie und der eigenen Rolle als Forscher, sowie subjektive Hilfe/Belastung durch die Studie. Resultate: Die Drop-out-Rate zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen den Berufsgruppen, schwankte allerdings erheblich zwischen den Interviewern. Die Frage nach der persönlichen Wichtigkeit spiritueller Fragen haben alle Interviewer mit 8 oder höher beantwortet. Ärzte sind ihrer Selbsteinschätzung nach in Spiritual Care weniger gut ausgebildet (p=0,004) und haben auch geringere Erfahrung in Spiritual Care (p=0,038). Bezüglich der Einstellung zur Studie zeigt sich ein gemischtes Bild ohne eindeutige Unterschiede zwischen den Berufsgruppen. Die Drop-out-Rate pro Interviewer zeigte signifikante, negative Korrelationen bei der Wichtigkeit spiritueller Fragen für das eigene Leben (p=0,04) und der Einstellung zur Studie (p=0,05). Schlussfolgerungen: Die gefundenen Korrelationen zeigen, dass die eigene Einstellung des Interviewers einen maßgeblichen Einfluss auf die Teilnahmebereitschaft der Patienten hat. Daraus lassen sich Schlüsse für das weitere Vorgehen ziehen: Bei einer nötigen Schulung der Interviewer gilt es das Thema der Akzeptanz und der Rollenkonflikte in den Mittelpunkt zu rücken. Diesbezüglich bedarf der Interviewleitfaden einer Überarbeitung und erneuten Validierung.