Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - P9_3
DOI: 10.1055/s-2006-954187

Würde aus der Sicht schwerkranker Menschen und ihrer Behandler

A Schröder 1, A Mehnert 1, K Puhlmann 2, U Müllerleile 3, U Koch 1
  • 1Institut für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
  • 2Hamburger Hospiz im Helenenstift
  • 3Palliativstation der Abteilung für Onkologie und Palliativmedizin der Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg

Einleitung: Die Aufrechterhaltung von Würde stellt in der Palliativmedizin und im allgemeinen Umgang mit schwerkranken und sterbenden Menschen eine unangefochtene Grundposition dar. Fast jeder hat eine eigene Vorstellung davon, was mit Würde gemeint ist. Dennoch finden sich erstaunlich wenig empirische Daten, die den Begriff Würde aus Sicht der Betroffenen und der professionellen wie ehrenamtlichen Behandler beschreiben. Ziel der vorliegenden Studie ist die qualitative Erfassung des Begriffs Würde aus unterschiedlichen Perspektiven und seine Bedeutung aus der jeweiligen Perspektive genauer zu analysieren. Es handelt sich um eine deutsche Vergleichsstudie, die inhaltlich auf einer Forschungsarbeit von Chochinov et al. (2002) zu den Themen Würde und Sinnfindung bei terminal erkrankten Menschen aufbaut. Methoden: In Kooperation mit dem Hamburger Hospiz im Helenenstift und der Palliativstation der Abteilung für Onkologie und Palliativmedizin der Asklepios Klinik Barmbek wurden n=30 angestellte oder ehrenamtlich tätige Mitarbeiter der unterschiedlichen Berufsgruppen, sowie n=10 Patienten anhand von strukturierten Interviews und Fragebögen befragt. Des Weiteren nahmen n=110 Medizinstudenten der Universität Hamburg an der Studie teil. Die Mitarbeiter sind im Mittel 41 Jahre alt (Range 20–69) und zu zwei Drittel Frauen. Die Patienten, zu 80% Frauen sind im Mittel 69 Jahre alt (Range 42–86) und haben alle eine onkologische Erkrankung. Die Studierenden befinden sich zum Zeitpunkt der Befragung im vierten vorklinischen Semester und sind im Mittel 23 Jahre alt (Range 19–47), auch bei ihnen überwiegt der Frauenanteil mit 56%. Resultate: Alle Befragten beschreiben Würde als gegenseitigen Respekt, Achtung und Wertschätzung des Individuums, sowie Aufrechterhaltung von Selbstbestimmung und persönlichen Bedürfnissen. Der Begriff Würde wird als etwas verstanden, was jedem Menschen innewohnt, jedoch weitestgehend durch das soziale Umfeld mitgeprägt und beeinflusst wird. Die Mehrzahl der Befragten empfinden ein Leben ohne Würde als nicht mehr lebenswert. Schlussfolgerung: Die Konkretisierung des Würdebegriffs aus unterschiedlichen Blickwinkeln fördert das Verständnis untereinander und kann zur Verbesserung des würdevollen Umgangs in der Versorgung schwerkranker Menschen beitragen sowie Hilfestellungen für die Gestaltung psychosozialer Interventionen liefern.