Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - P7_3
DOI: 10.1055/s-2006-954175

Palliative Care on Air – ein nicht alltäglicher Erfahrungs- und Reisebericht

D Kaub-Wittemer 1
  • 1Neurologische Klinik, Klinikum Großhadern, LMU München

Einleitung: Von der Neurologischen Intensivstation im Klinikum Großhadern, München, wurde ein tetraparetischer, tracheotomierter und vollzeit-beatmeter Patient mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS) in sein Heimatland Aserbaidschan überführt. Bericht: In Deutschland unterstützen verschiedene Organisationen Transport und Behandlung ausländischer Patienten in renommierten Kliniken. Deshalb war der 43-jährige Geschäftsmann zur Behandlung seiner seit ca. einem Jahr progredienten Tetraparese nach München gereist. Aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes mit respiratorischer Insuffizienz erfolgte bei Aufnahme im Klinikum Großhadern eine intensivmedizinische Behandlung mit Intubation und Tracheotomie. Als Ursache der Symptomatik wurde eine Amyotrophe Lateralsklerose diagnostiziert. Die ALS führt zu einem vollständigen Verlust der Willkürmuskulatur. Der Tod tritt in der Regel durch respiratorische Insuffizienz ein. Die Rückführung erfolgte auf dringenden Wunsch des Patienten, aber auch kulturelle, ethische, palliativmedizinische und wirtschaftliche Gründe spielten eine entscheidende Rolle. In einem Linienflugzeug wurde der Patient in Begleitung einer Ärztin und einer Intensivkrankenschwester nach Baku am Kaspischen Meer mit Zwischenstopp in Istanbul überführt. Einzige medizinische Hilfsmittel waren – bei einer Gesamtreisezeit von 14 Stunden – drei Akku-betriebene Heimbeatmungsgeräte, Absauggerät sowie der „Theater-Notfallkoffer“ der Anästhesie. Die Mitnahme eines Sauerstoffgerätes oder Monitors sowie ein Liegendtransport war seitens der Fluggesellschaft nicht erlaubt. Während des dreitägigen Aufenthaltes wurden die Ärzte vor Ort in das von der Herstellerfirma gestiftete Heimbeatmungsgerät eingewiesen. Schlussfolgerung: Aus palliativmedizinischer Sicht wird eine Weiterbetreuung im gewohnten, sozio-kulturellen Umfeld möglichst angestrebt. Bei ausländischen Patienten bedeutet dies ggf. Rückführung ins Heimatland. Trotz der Belastungen für den Patienten erweist sich ein Linienflug als durchaus probat, weil zeitsparend. Jedoch besteht dringender Nachholbedarf in puncto luftfahrtrechtlicher Bestimmungen, standardisierter Sicherheitsvorschriften sowie Handreichungen zum Transport schwer kranker Patienten. Die hohen Kosten einerseits und die medizin-ethische Problematik andererseits erfordern eine kritisch-konstruktive Diskussion unter politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten.