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DOI: 10.1055/s-2006-954153
Mögliche Effekte einer passageren NMDA-Rezeptor-Blockade auf die Opiat-verträglichkeit: Ein Fallbeispiel
Der Einsatz von Ketamin bei der Behandlung von Tumorschmerzen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Bei der Behandlung von neuropathischen und opiatinduzierten Schmerzen, sowie der Überwindung von Opiattoleranz spielt die Blockade der NMDA-Rezeptoren eine zentrale Rolle. Wir berichten über eine Patientin mit einem weit fortgeschrittenen Mammakarzinom, die sich zur Schmerztherapie vorstellte. Bei Aufnahme erhielt die Patientin 10mg/h Morphin über eine PCA-Pumpe, es erfolgte die kurzfristige Steigerung auf 12mg/h. Nach zusätzlicher Gabe von Ketamin wurde nach 4 Tagen eine Opiatüberdosierung diagnostiziert. Auch unter einer Reduktion bis auf 1mg/h Morphin und dem Absetzen von Ketamin zeigten sich klinisch Überdosierungszeichen. Es erfolgte eine Opiatrotation mit Hydromorphon. Die Patientin konnte mit 12mg Hydromorphon/Tag, entsprechend einem 1/8 der initialen Opiatdosis, in die ambulante Betreuung entlassen werden. Ohne Veränderung der Schmerztherapie verstarb die Patientin 10 Tage später im Rahmen ihrer Grunderkrankung. Nach Ausschluss von metabolischen Ursachen bestand die Hypothese, dass die durch Ketamin bedingte NMDA-Rezeptor-Blockade für die erhöhte Opiatempfindlichkeit verantwortlich sein könnte. Das Phänomen der Opiateinsparung durch die zusätzliche Gabe von Ketamin ist bekannt. Nach einer intialen Dosisreduktion ist in aller Regel eine weitere Dosisanpassung der Opiate über mehrere Tage erforderlich. Ungewöhnlich ist bei unserer Patientin die beobachtete Latenz von 4 Tagen für das Auftreten von Überdosierungszeichen. Es gibt weiterhin Hinweise darauf, dass nicht nur die kontinuierliche Blockade der NMDA-Rezeptoren für eine Erhöhung der Opiatempfindlichkeit erforderlich ist, sondern eventuell auch eine passagere ausreichend ist. Die kurzfristige Ketamingabe führte bei unserer Patientin zu einer Morphinunverträglichkeit, wohingegen sie mit Hydromorphon schließlich gut einstellbar war. Die komplexen Wirkmechnismen von Ketamin in Kombination mit Opiaten sollten in Zukunft Gegenstand von klinischen Untersuchungen sein.