Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - V11_2
DOI: 10.1055/s-2006-954124

Interprofessionelle Patientenvorstellung: Autonomie und Selbstbestimmung

D Siebrecht 1, I Polster 1
  • 1Interdisziplinäres Schmerz- und Palliativzentrum Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel

Vorgestellt wird eine 60-jährige Patienten mit Rezidiv eines lymphogen und pulmonal metastasierten Nierentumors mit aktueller Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Ödembildung und Schmerzen in beiden Beinen. Die Patientin und der Ehemann verdrängen den progredienten Krankheitsverlauf, der Wunsch der Symptomkontrolle und Entlassung nach Hause stehen im Vordergrund. Nach Verminderung der Schmerzen in den Beinen, einer mäßigen Ausschwemmung der Ödeme und leichten Besserung des Allgemeinzustandes wird die Verlegung nach Hause von der interdisziplinären Schmerz- und Palliativstation durch die Brückenschwester zusammen mit dem Ehemann und dem Sohn in Diskussion mit der Patientin vorbereitet. In dieser Phase erleidet die Patientin einen akuten Gefäßverschluss des linken Beines mit massiven Schmerzen, ausgeprägter Schwellung und vollständiger Immobilität. Die konsiliarische Empfehlung einer Amputation wird von der Patientin abgelehnt. Die sich aus der selbstbestimmten Entscheidung ergebenden Probleme für die Patientin, für die Angehörigen und für das Behandlungsteam sollen in der Patientenvorstellung interprofessionell vorgestellt und deutlich gemacht werden. Die selbstbestimmten Entscheidungen von Patienten sind zu respektieren und müssen als Grundanliegen der Palliativmedizin im Behandlungskonzept den Leitfaden darstellen. Nicht selten führt dies zu hohen Anforderungen an die medizinische Therapie im Rahmen der Symptomkontrolle, in der Auseinandersetzung mit Patient und Angehörigen und ethischen Fragen. Unter den Anforderungen einer wie dargestellten Situation droht dem Behandlungsteam die Überforderung, und es bedarf einer gezielten Stärkung durch Kommunikation und Supervision.