Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - V10_3
DOI: 10.1055/s-2006-954121

Was ist das Besondere der Kinderpalliativmedizin und Kinderhospizarbeit

R Pothmann 1, 2, U Nerge 2
  • 1Zentrum Kinderschmerztherapie, Hamburg
  • 2Kinderhospiz Sternenbrücke Hamburg

In Deutschland leben ca. 22 600 Kinder mit lebensbegrenzenden Erkrankungen, davon sterben jährlich ca. 1560. Mit einem Anteil von 340 Kindern (21,8%) spielt Krebs eine deutlich geringere Rolle als bei Erwachsenen. Neurologische Erkrankungen machen ca. 20%, Fehlbildungen und Chromosomenanomalien 16%, Herzfehler 12% und Stoffwechselstörungen 9% aus. Die häufigsten sind Neuronale Ceroidlipofuszinose (NCL), Mucopolysaccharidosen (MPS), Adrenoleukodystrophie (ALD). Die unterschiedlichen Erkrankungen mit ihren spezifischen Ausprägungen und Altersgruppierungen stellen besondere Anforderungen an die Hospizversorgung. Zur Versorgung palliativ zu betreuender Kinder bestehen in Deutschland 8 stationäre Einrichtungen, 1 Haus befindet sich im Bau. 84 Betten sind derzeit verfügbar. Daneben sind 19 ambulante Kinderhospizdienste in Deutschland aktiv. Palliativbetten stehen bis auf eine kleine Einheit in Datteln (leider) noch nicht für Kinder zur Verfügung. In Großbritannien, dem Mutterland der Hospizbewegung existieren 27 Kinderhospize mit 201 Betten. Der Schwerpunkt der Arbeit in einem Kinderhospiz liegt zu 90% in der Entlastungspflege an 28 Tagen pro Jahr (Erwachsene max. 50%). Am Beispiel des Modellprojektes Sternenbrücke in Hamburg soll das typische Profil eines Kinderhospizes präzisiert werden. Innerhalb von 3 Jahren wurden 280 Familien betreut, 28 Kinder starben in dieser Zeit. Ein Team aus 20 Kinderkrankenschwestern und -pflegern versorgt die Kinder. 2–3 schmerztherapeutisch versierte KinderärztInnen sind in die ärztliche Versorgung eingebunden, was in dieser dichten Kooperation in Deutschland wohl einmalig ist, aber keine Überversorgung darstellt. Trauerbegleiter, Erzieherin, Sozialarbeiterin, sowie konsiliarische psychotherapeutisch-familientherapeutische Kräfte runden das Team ab. Ziel der Kinderhospizarbeit ist eine oft Jahre lange palliative Begleitung der betroffenen Familien, damit sie für die häusliche Pflege ihrer Kinder weiter zur Verfügung stehen können. Sowohl pflegerische, psychotherapeutische wie auch schmerztherapeutische Angebote stehen nach Bedarf darüber hinaus auch ambulant zur Verfügung. Die palliativmedizinische Versorgung von Kindern in Deutschland steckt erst in den Anfängen und ist dringend ausbaubedürftig. Hierzu ist eine vernetzte Versorgungsstruktur aus etwa 15–20 stationären Schwerpunkthospizen sowie eine Basis ambulanter Dienste wie z.B. in München, Datteln, Düsseldorf oder Hamburg anzustreben. Als dritte Säule ist die personelle Qualifizierung durch eine pädiatrische Weiterbildung in Palliativversorgung mit einem einheitlichen deutschen Curriculum bereits auf einem guten Weg und wird z.B. in Datteln und Hamburg bereits angeboten.