Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - V8_3
DOI: 10.1055/s-2006-954114

Sterbebegleitung aus anthroposophischer Sicht

M Girke 1
  • 1Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Berlin

Die therapeutische Begleitung des sterbenden Menschen ist abhängig vom Menschenbild. Ein reduktionistisches, somatisch orientiertes Menschenbild wird andere Akzente setzen als ein holistisches. Die Anthroposophische Medizin erkennt den Menschen als leibliches, seelisches und geistiges Wesen. Auf diese Bereiche fokussiert sich entsprechend die therapeutische Begleitung des sterbenden Menschen. Oftmals steht der leiblichen Hinfälligkeit eine seelisch-geistige Entwicklungsfähigkeit gegenüber, die in besonders kurzer Frist individuelle Reifungsprozesse und Beziehungsgestaltungen zu dem menschlichen Umfeld ermöglicht. Dem „leiblichen“ Sterbeprozess stellt sich eine innere Entwicklungsperspektive zur Seite. Entsprechend wird die therapeutische Beziehung zum sterbenden Patienten durch Zukunftsoffenheit und Sinngebung in der terminalen Krankheitsphasen geprägt sein. Auf der seelischen Ebene geht es um die Begegnung mit dem Leid des Patienten. Hier sind durch unterschiedliche Maßnahmen der Anthroposophischen Medizin unter Einschluss der künstlerischen Therapien (vor allem Musiktherapie, Heileurythmie) und der Maßnahmen anthroposophischer Krankenpflege (äußere Anwendungen, Einreibungen, Wickel etc.) wirksame Hilfestellungen möglich. Körperlich empfundene Symptome verlangen ihre medikamentöse Therapie. Durch die Arzneimittel der Anthroposophischen Medizin sind die unterschiedlichen körperlichen Symptome des terminal erkrankten Menschen beeinflussbar. Sie treten an die Stelle oder ergänzen das „konventionelle“ medikamentöse Vorgehen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere der therapeutische Umgang mit Schmerz, Fatigue-Syndrom, Depression, Angst, Unruhezuständen und gastrointestinalen Symptomen zu nennen. Wesentliche Qualitäten in der Begleitung des sterbenden Patienten sind die Auseinandersetzung mit Fragen der Sinngebung angesichts des Todes, Empathie in der Beziehungsgestaltung und eine perspektivenschaffende therapeutische Hilfestellung.