Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - V6_5
DOI: 10.1055/s-2006-954109

Wahrheit und Wahrhaftigkeit

E Bucka-Lassen 1
  • 1Hoejer, Dänemark

Wahrheit ist die Interpretation des Wahrgenommenen. Wahrheit? Es gibt derer viele: die philosophische, die logische, die moralische. Und es gibt eine „operative Wahrheit“, die die Voraussetzung für Wahrhaftigkeit bildet. Wahrhaftigkeit äußert sich nach außen darin, dass man zu dem steht, was man glaubt und an das man glaubt -wie auch zu seinen Zweifeln und der eigenen Ohnmacht, und dass man bereit ist, den Preis hierfür zu zahlen. Nach innen zeigt Wahrhaftigkeit sich in der ehrlichen selbstkritischen Überprüfung der eigenen Motive und Verhaltensweisen – und ihrer Korrektur, sofern es an Kongruenz mangelt. Gedanken über die Wahrheit ziehen immer auch Gedanken über ihr janusköpfiges Anonym mit sich: Die Unwahrheit – und die Lüge. Im Verhältnis zwischen Arzt und Patient, nicht am wenigsten, wenn das Leben sich dem Ende neigt, ist Glaubwürdigkeit essenziell. Glaubwürdigkeit setzt Wahrhaftigkeit voraus und Wahrhaftigkeit ohne Wahrheit gibt es nicht. Wahrhaftigkeit ist mehr als Glaubwürdigkeit – aber wer wahrhaftig ist, ist auf jeden Fall glaubwürdig.