Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - V4_4
DOI: 10.1055/s-2006-954088

Interventionelle Techniken – Eine kritische Analyse

H Weiss 1, A Weiss 1
  • 1Med. Klinik, St. Marienkrankenhaus, Ludwigshafen
  • 2III. Med. Klinik, Universitätsklinikum Mannheim

Das Therapieziel der Palliativmedizin ist die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität des Patienten, nicht mehr durch Bekämpfung der Krankheit, sondern durch Linderung der Krankheitssymptome. Hat eine invasive Diagnostik und Therapie hier überhaupt irgend einen Platz? Innerhalb einer Internistischen Abteilung stehen der kurativen Medizin eine Fülle von diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten zur Verfügung, mit deren Hilfe es innerhalb einer zunehmend DRG-korrelierten Zeit gelingen muss, den Patienten zu heilen oder zumindest soweit zu bessern, dass eine ambulante Genesung zu erwarten ist. Dieses Instrumentarium steht grundsätzlich auch zur Behandlung von Palliativpatienten bereit. In der Diagnostik war es möglicherweise bereits eingesetzt, jetzt wird man es dort verwenden, wo dies zur Symptomkontrolle aber auch zur Behandlung von Komplikationen der jeweiligen Erkrankung oder zur Diagnostik und Therapie von Begleiterkrankungen sinnvoll ist. Eine Pleuradrainage eines Tumorpatienten mit Pneumothorax kann sinnvoll sein, wenn die zu erreichende Entfaltung der Lunge ein autarkes Leben für eine gewisse Zeit erwarten lässt. Dasselbe gilt für Stenttherapien von Patienten mit Tumoren des Ösophagus, der Gallenwege und des Darmes, durch die eine Wiederherstellung der Passage durch den entsprechenden Abschnitt des Magen-Darm-Kanals gelingt. Eine akute gastrointestinale Blutung wird man ebenso endoskopisch untersuchen und behandeln wie man einen Pleuraerguss oder Aszites punktiert und eine PEG oder PAJ zur Ernährung oder Entlastung legt, wo diese eine sinnvolle Ernährung (z.B. beim Ösophaguskarzinom oder bei Schlucklähmungen) erlauben oder dem Patienten qualvolles Erbrechen ersparen. Anhand dieser und anderer Beispiele werden Sinn und Grenzen der interventionellen Diagnostik und Therapie in der Palliativmedizin auf dem Hintergrund eigener Erfahrungen und der Literatur dargestellt und mit der Vorgehensweise in der kurativen Medizin verglichen. Schlussfolgerung: Auch in der Palliativmedizin steht vor der Therapie die Diagnostik. Dazu können invasive Maßnahmen notwendig sein. Trotzdem unterscheidet sich der Einsatz von interventionellen Methoden in Häufigkeit und Auswahl von dem in der kurativen Medizin. Invasive Maßnahmen werden seltener eingesetzt als in der kurativen Medizin. Der zu erwartende Nutzen für die Lebensqualität des Patienten wird in jedem Einzelfall die Entscheidung bestimmen. Diese wird im Palliativteam erarbeitet und folgt dem Willen des Patienten.