Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - V2_10
DOI: 10.1055/s-2006-954077

Learning the hard way! Probleme bei der Durchführung einer randomisiert doppelblinden Cross-Over-Studie – Intranasales S-Ketamin bei Tumorpatienten mit Durchbruchsschmerzen

B Haberland 1, V Huge 2, M Braun 1, C Bausewein 1, A Beyer 1, 2, G Borasio 1
  • 1Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin, Klinikum der Universität München
  • 2Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie, Klinikum der Universität München

Einleitung: Randomisiert kontrollisierte Studien (RCT) sind der Goldstandard zur Messung der Wirksamkeit von Medikamenten. Die Vulnerabilität und Heterogenität der Palliativpatienten führt aber häufig zu speziellen Herausforderungen und Problemen bei der Durchführung von RCTs. Methoden: Es wurde eine randomisiert doppelblinde Cross-Over-Studie zur Evaluation der Wirksamkeit von intranasalem S-Ketamin bei Tumorpatienten mit Durchbruchschmerzen durchgeführt. Patienten, die trotz adäquater stabiler Morphindosis (mindestens 2 Tage) weiterhin über Durchbruchschmerzen (>2 x/ Tag) klagten, erhielten am Tag 1 + 2 entweder S-Ketamin oder Plazebo als Nasenspray (Tag 3: „Washout“- Phase; Tag 4 + 5: Applikation des jeweils anderen Medikaments). Die Stärke der Durchbruchschmerzen und auftretende Nebenwirkungen wurden regelmäßig nach Gabe des Studienpräparates evaluiert. Außerdem wurden täglich Schmerzen und andere Symptome, sowie deren Auswirkung auf die körperliche Funktion und die Lebensqualität (MIDOS, BPI) erfragt. Nach den Auflagen des BfArM konnte die Studie ausschließlich auf der Palliativstation durchgeführt werden. Resultate: Die Rekrutierung war schwieriger als erwartet. Nur 3 Patienten, davon 1 „Dropout“, konnten im Zeitraum von 12 Monaten rekrutiert und in die Studie eingeschlossen werden. Viele geeignete Patienten lehnten einen 1-wöchigen Aufenthalt auf einer Palliativstation ab. Die Patienten auf der Palliativstation waren meist „zu krank“ oder der Allgemeinzustand verschlechterte sich zu schnell, um in die Studie eingeschlossen werden zu können. Das Studiendesign schien für die Patienten keine zu große Belastung darzustellen. Die intranasale Applikation von S-Ketamin scheint sicher und gut tolerabel zu sein. Bei keinem Patienten mussten Nebenwirkungen medikamentös behandelt werden. Die 2 Patienten, die die Studie beendeten, wünschten die Fortführung der Therapie mit dem jeweilig bevorzugten Studienmedikament. Schlussfolgerung: RCT können auch bei Palliativpatienten durchgeführt werden. Um eine ausreichende Rekrutierung zu erreichen sollten aber folgende Punkte bei der Planung einer RCT beachtet werden: 1. Wenn möglich sollten auch Palliativpatienten außerhalb einer Palliativstation mit einbezogen werden. 2. Es ist wichtig, Ängste und Vorbehalte bei Patienten und Kollegen vor der „Palliativmedizin“ abzubauen. 3. Zu rigide Einschlusskriterien (wie z.B. in unserem Fall ausschließlich Patienten mit Morphin einzuschließen) sollten vermieden werden.