Zeitschrift für Palliativmedizin 2006; 7 - V1_7
DOI: 10.1055/s-2006-954066

Symptomkontrolle: Schwitzen

S Schulzeck 1
  • 1Klinik für Anästehsiologie und operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel

Auch wenn in der Praxis Patienten durch „Schwitzen“ nicht selten beeinträchtigt werden, sind die Symptome der gestörten oder störenden Temperaturregulation in der Palliativmedizin von eher nach geordnetem Stellenwert zum Beispiel gegenüber Schmerzen oder Dyspnoe. Aus Lehrbüchern und Journalen ergeben sich wohl auch daher weniger Daten zu Häufigkeit, Stellenwert und Kontrolle dieses Symptoms. Andererseits bedeutet übermäßiges Schwitzen Störung des Nachtschlafes und erhöhten Pflegeaufwand beim Betten oder Umziehen. Es gibt Schwierigkeiten bei der transdermalen Pharmakotherapie und oft wird wegen Schwitzens die Medikation geändert. Eine begriffliche Differenzierung geschieht in der Alltagssprache durch Benennung als Schwitzen, Nachtschweiß und Hitzewallung. Aus funktioneller Sicht dient Schwitzen vor allem der Gegenregulation bei zu hoher Wärme(produktion) oder dem Sinken der Solltemperatur im Rahmen febriler Prozesse. Die nicht der Temperaturregulation dienende Hyperhydrosis bildet eine Untergruppe. In der Palliativmedizin hat die generalisierte, sekundäre Hyperhydrosis zum Beispiel bei hormoneller Störung, bei der Herzinsuffizienz oder als Nebenwirkung von gebräuchlichen Medikamenten wie Opioiden, Metimazol, Kortikoiden, Neuroleptika, Antikonvulsiva und Antidepressiva eine hohe Bedeutung. Die umschriebene, primäre oder sekundäre Hyperhydrosis ist palliativmedizinisch kaum relevant. Zur Symptomkontrolle hat eine Akzeptanzverbesserung durch Differenzierung, Verstehen möglicher Ursachen und Zusammenhänge (s.o.) und Informationsaustausch einen hohen Stellenwert. Anpassen der Kleidung und der Bettwäsche nach dem Zwiebelschalenprinzip, Verwenden von Tüchern, gezielter Einsatz von schweißaufnehmenden und -abgebenden Stoffen wie Baumwolle einerseits und Kunstfasern andererseits sind weitere, wichtige Hilfen. Bei Hitzewallungen soll Verzicht auf Alkohol, Koffein, Chili, Pfeffer, etc. vorteilhaft sein, ferner Zufuhr von Vit. E, Tomaten, Kiwis, Zitronen und Sojaprodukten. Bei der Pharmakotherapie ist im eigenen Tätigkeitsbereich das Absetzen von Metamizol sehr häufig, allerdings eine noch nicht systematisch untersuchte Maßnahme. Sie ist, wenn undifferenziert praktiziert, kritisch zu sehen. Besser validiert ist der Einsatz des auch zur Schmerztherapie häufig indizierten Gabapentins, während andere Ansätze wie Gabe von Thalidomid oder Thioridazin bisher schwer zu bewerten sind.