Aktuelle Neurologie 2006; 33 - V63
DOI: 10.1055/s-2006-952981

Normalisierung hypertonischer Griffkräfte durch ein motorisches Training bei Schreibkrampf

J. Hermsdörfer 1, W. Fürholzer 1, B. Steidle 1, C. Marquardt 1, B. Baur 1
  • 1München

Einführung: Schreibkrampf ist durch Hyperaktivität der antagonistischen Muskulatur beim Schreiben mit der Hand charakterisiert. Die Schriftproduktion ist verlangsamt und unflüssig, das Schriftbild schlecht lesbar und die Aktivität führt zu schneller Ermüdung und oft zu Schmerzen. Obwohl vor allem Handschrift betroffen ist, kommt es oft zu einer Beeinträchtigung anderer feinmotorischer Leistungen. Von Mai und Mitarbeitern wurde ein motorisches Training zur Behandlung von Schreibkrampf entwickelt, das auf dem Abbau von Fehlstrategien und dem Einsatz alternativer Techniken basiert.

Methoden: Fünfzehn Patienten mit Schreibkrampf (einfach und dyston) wurden in sechs Sitzung mit dem motorischer Training nach Mai et al. behandelt. An zwei Baseline-Zeitpunkten, direkt nach dem Training und 3 Monate später wurden mittels graphischem Tablett die kinematischen Schreibparameter erhoben (Programm CS- MedCom). Zusätzlich wurde der axiale Druck des Schreibstifts und – mithilfe einer Sensorfolie mit 64 Kraftsensoren (pliance, Fa. novel) – die effektive Griffkraft auf der Oberfläche des Schreibstifts registriert.

Ergebnisse: Bei geringer Variation zwischen den Baseline-Messungen zeigte sich bei der Mehrzahl der Patienten nach dem Training eine massive Erniedrigung des axialen Aufpressdrucks und der Griffkraft am Stift. Diese Kraftreduktion hatte in der Regel nach 3 Monaten Bestand. Die Normalisierung der Kräfte war meißt sowohl auf einen Wechsel der Stifthaltung, als auch auf das motorische Training zurückzuführen. Bei einem Teil der Patienten waren nach dem Training auch überhöhte Griffkräfte beim Greifen und Heben einfacher Objekte reduziert.

Schlussfolgerung: Das Training führt zu einer Normalisierung der hypertonischen Kräfte, welche die Hauptsymptomatik bei Schreibkrampf darstellen. In der Folge sind Ermüdung und Schmerzen erheblich reduziert und die Schreibleistung verbessert. Die trainingsinduzierte Kraftreduktion hat auf schreibfremde feinmotorische Leistungen generalisierende Effekte.

Die Studie wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert (HE 3592).