Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_K_02_03
DOI: 10.1055/s-2006-952468

Wer soll entscheiden? Die Patientin als Partnerin der medizinischen Entscheidungsfindung in der gynäkologischen Onkologie

S Ditz 1, L Bauer 1, B Müller 1, S Jung 2
  • 1Universitätsfrauenklinik, Mannheim, Mannheim
  • 2Universität des Saarlandes, Saarbrücken

Einleitung: In neuerer Zeit wurden verschiedene Modelle der Patientenbeteiligung bei der Entscheidungsfindung für anstehende Behandlungsmaßnahmen entwickelt. Das Modell der partizipativen Entscheidungsfindung („shared decision making“, SDM) ist in einer Mittelposition zwischen zwei Extremen angesiedelt, bei denen die Entscheidung mehr oder weniger entweder vom Arzt allein („paternalistic“) oder vom Patienten allein („informed choice) gefällt wird.

Fragestellung: Wie kann die Entscheidungskompetenz onkologischen Patientinnen verbessert werden, so dass sie tatsächlich optimal am Behandlungsprozess beteiligt werden?

Methodik: Mit sprachwissenschaftlichen Methoden wurde das Kommunikationsmodell „shared decision-making“ (SDM) untersucht. Authentische Gespräche aus dem klinischen Alltag wurden hierbei einer qualitativen Gesprächsanalyse unterzogen. Das Material bestand aus transkribierten Aufklärungsgesprächen (Tonbanaufnahmen), die mit Mammakarzinompatientinnen einer gynäkologischen Abteilung geführt wurden.

Ergebnisse: Bei den Analysen der Transkripte konnten wir feststellen, dass in erfolgreich geführten Gesprächen viele Elemente kommunikativer Kooperativität als Kernwerkzeug des SDM enthalten sind. Allerdings kann das Konzept des shared decision-making (SDM) keineswegs als hinreichend geklärt gelten, und zwar weder theoretisch noch vor allem hinsichtlich seiner Implementierung in der Praxis.

Schlussfolgerung: Das Konzept des shared decision-making kann die Compliance verbessern und einen gemeinsamen Entscheidungsprozess ermöglichen. Ein Fortschritt, der für beide Seiten die Kommunikation und das gemeinsame Handeln optimiert. Für die Praxis der Entscheidungsfindung sind über Musteranalysen weiterhin Varianten und Mischformen zu unterscheiden, will man reales ärztliches Gesprächsverhalten nicht nur als Devianz gegenüber „Idealtypen“ der Grundmodelle, sondern als flexible Anpassungsleistung gegenüber einem situativen Beteiligungsbedarf von Patientinnen ansehen.