Hintergrund:
Der Lichen sclerosus et atrophicus der Vulva ist eine meist chronische Erkrankung,
die überwiegend nach dem Klimakterium und teilweise schon im Kindesalter auftritt
und basiert auf Autoimmunprozessen. Ungewöhnlich ist das erstmalige Auftreten atropher
Dystrophien bei jungen Frauen.
Patientinnen und Methoden:
In unserer Dysplasiesprechstunde stellten sich 40 Patientinnen mit erstmalig im Alter
zwischen 20 und 35 Jahren aufgetretenen Beschwerden im Sinne von Pruritus, rezidivierenden
Infektionen und Dyspareunien mit atrophen Dystrophien der Vulva vor. Die Patientinnen
wurden nach eventuell erforderlicher Sanierung einer Begleitinfektion mit Clobetasol
bzw. mit Progesteron lokal therapiert.
Ergebnisse:
Die Patientinnen zeigten einen einheitlich Phänotyp mit Atrophie von Clitoris und
Labia minora sowie Rhagadenbildung im Bereich der Fossa navicularis. Anamnestisch
fielen rezidivierende lokale Infektionen auf. Die Patientinnen hatten alle eine Langzeitanamnese
mit diversen oralen Antikonzeptiva, 32 davon mit anti-androgenem Gestagenbestandteil.
Nach Modifikation der Antikonzeption und Lokaltherapie mit Clobetasol und/oder Progesteronsalbe
kam es zur vollständigen Rückbildung der Symptome und einer Regeneration des Oberflächenepithels.
Bei einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 12 Monaten trat bei lediglich einer
Patientin ein Rezidiv auf, wobei diese die Antikonzeption erneut auf ein Dienogest-haltiges
Präparat umgestellt hatte.
Diskussion:
Der Lichen sclerosus et atrophicus verläuft im Frühstadium meist hyperplastisch und
kann unbehandelt in die atrophe Form übergehen. Bei den von uns beschriebenen Patientinnen
ist ein primär atropher Lichen sclerusos et atrophicus daher eher unwahrscheinlich.
Unsere Beobachtungen lassen die Hypothese zu, dass die langjährige orale Antikonzeption,
vor allem mit anti-androgenen Gestagenen, in Einzelfällen zu reversiblen dystrophen
Veränderungen im äußeren Genitalbereich der Frau führen können.