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DOI: 10.1055/s-2006-952105
Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG
Psychoonkologie: Patienten wollen individuelle Aufklärung
Publication History
Publication Date:
28 December 2006 (online)

Mit dem Anstieg der Überlebenszeiten durch bessere Therapiemethoden gewinnen psychosoziale Gesichtspunkte zunehmend an Bedeutung. Wie viel und welche Art der Information tut den Patienten gut? Den Einfluss verschiedener Informationsmöglichkeiten auf Angst und Depression untersuchte eine schottische Arbeitsgruppe.
In einer früheren Untersuchung hatten R. B. Jones et al. den Einfluss von Information auf das soziale Leben der Patienten und sekundär auf deren Befinden zeigen können. Dabei hatte die Wissensvermittlung vor allem dazu geführt, dass die Patienten öfter mit Vertrauten über ihre Krankheit sprachen, was die Wahrscheinlichkeit für Ängste und Depressionen verminderte. Jetzt wurden unterschiedliche Informationstypen auf ihren Nutzen überprüft (BMJ. 206; 332: 942-948). 400 Patienten vor einer Radiotherapie, die überwiegend Brust- oder Prostatakrebs hatten, wurden in acht Gruppen randomisiert. Diese waren nach Art der Informationsübermittlung (Broschüren oder Computer), des Inhaltes (allgemeine oder zusätzlich persönliche Daten) und einer eventuellen Beratung über Angstzustände aufgeteilt. Die allgemeinen Broschüren hatten Inhalte wie „Ernährung bei Krebs” oder „Was passiert bei einer Strahlentherapie?”. Am Computer konnten die dort zugeteilten Patienten die gleichen Inhalte aufsuchen. Bei der Variante mit individueller Komponente wurden zusätzlich Informationen aus den Krankenakten zur Verfügung gestellt. Die Datenerfassung erfolgte mit verschiedenen standardisierten Tests zu Angst und Depression sowie zur sozialen Situation.
Die Gruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich Geschlechtsverteilung, Alter, Krankheitsdauer oder den Testresultaten vor Intervention. Schon initial waren 87 % der Patienten mit der Information zufrieden, die sie bis dahin hatten. 30 % hatten Episoden mit verstärkter Angst und 13 % Depressionen. Die Testwiederholung nach drei Monaten ergab, dass die Patienten Broschüren gegenüber dem interaktiven Informationsgewinn am Computer bevorzugten. Insgesamt empfanden 34 % die Informationen als zusätzlich hilfreich. Die größte Zufriedenheit herrschte bei den Patienten, die allgemeine Broschüren und darüber hinaus individuelle Informationen erhalten hatten. Das Vertrauen in die Daten war in dieser Gruppe am größten. Diese Gruppe zeigten jedoch häufiger eine Verschlechterung in den Tests zur sozialen Situation (42 % vs. 24 %). Im Verlauf wiesen insgesamt 45 % verminderte Ängstlichkeitswerte auf, wobei aber im Vergleich zum Ausgangsbefund keine signifikante Verbesserung eintrat. Die Ergebnisse waren unabhängig vom Informationstyp. Die Häufigkeit und Schwere von Depressionen wurde ebenfalls nicht bedeutsam beeinflusst und hing nicht von der Interventionsform ab.
Fazit: Die Resultate der Untersuchung bestätigen, dass Patienten gern informiert sind und dabei besonderen Wert auf die Einordnung ihrer individuellen Daten legen. Broschüren werden dabei dem Computer vorgezogen und häufiger mit Angehörigen oder Freunden besprochen. Eine Zusatzberatung über den Umgang mit Angst hatte keinen positiven additiven Nutzen. Auch wenn die Patienten durchweg wissen wollten, woran sie sind, hatte dies jedoch keinen markanten Effekt auf ihre seelische Verfassung, so die Autoren.