ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2006; 115(7/08): 304
DOI: 10.1055/s-2006-951448
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Strukturerhalt durch Implantate?

Gerhard Iglhaut
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Publication Date:
05 September 2006 (online)

Nach Extraktion von Zähnen kommt es zu unterschiedlich großen Resorptionen des Alveolarfortsatzes (40-60 Volumen %). Als Ursache für diese Abbauvorgänge werden entzündliche, funktionelle (Inaktivität) und systemische Faktoren (hormonelle Veränderungen) vermutet. Funktionellen Reizen von Implantaten werden für den Erhalt von Alveolarkammstrukturen nun entscheidende Bedeutung zugemessen, da sie Inaktivität vermeiden.

Nachdem es bereits wenige Wochen post extractionem zu einem vollständigen Verlust der bukkalen Alveolenwand kommen kann, wird für den primären Strukturerhalt die Sofortimplantation als effektive Methode angesehen. Bukkale Resorptionsvorgänge, die anscheinend durch Resorption des krestalen Bündelknochens verursacht werden, stellen jedoch einen Risikofaktor dar. Auffüllen des Spaltraumes zwischen bukkaler Wand und Implantat mit deproteiniertem bovinem Knochenersatzmaterial scheint diesem Prozess entgegen zu wirken. Dies erweist sich vor allem in der ästhetischen Zone von größter Bedeutung.

Als eine weitere Methode zum Strukturerhalt wurde von Ashman 1994 die Ridge Preservation beschrieben: Nach atraumatischer Extraktion wird die Alveole mit Knochenersatzmaterial bis zum Limbus alveolaris gefüllt und mit Weichgewebstransplantaten oder Membranen abgedeckt. Nach einer Ausheilphase von 4-6 Monaten kann eine Implantation durchgeführt werden. Klinische Untersuchungen stützen den Erfolg dieses Verfahrens.

Können aber Implantate auch Langzeitstabilität für Alveolarkammstrukturen gewährleisten? Seit Ende der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts wurden Longitudinalstudien publiziert, die hohe Erfolgsraten von osseointegrierten Implantaten über Beobachtungszeiträume von mehr als 15 Jahren belegen. Radiographische Untersuchungen zum periimplantären Knochenabbau ergaben systemspezifische, unterschiedliche Werte von 0,09-1,0 mm im ersten Jahr nach prothetischer Versorgung und 0,1-0,2 mm in jedem weiterem Jahr. Van Steenberghe et al. (1994) fanden ebenfalls in einem Zeitraum von 7 Jahren um Implantate ähnliche Resorptionen, jedoch vergleichsweise um Zähne keinen Knochenabbau.

Ist dies auf parodontal vorbehandelte Patienten ebenfalls übertragbar? Mehrere Studien bestätigten eine hohe Erfolgsrate auch in diesen Populationen. Neuere Studien von Karoussis et al. (2003) stehen dazu im Widerspruch. Sie fanden in einem 10-jährigen Beobachtungszeitraum bei parodontal Gesunden eine Implantat-Überlebensrate von 96,5 %, hingegen bei Patienten mit einer Historie von chronischer Parodontitis eine Rate von 90,5 %. In der 2. Gruppe fanden sich zudem deutlich häufiger Periimplantitis-Erkrankungen (28,6 vs. 5,8 %).

Mengel et al. (2005) verglichen den Knochen- und Attachmentverlust von Zähnen und Implantaten in einer prospektiven Langzeitstudie über 3 Jahre. Bei Patienten mit parodontaler Gesundheit und mit vorbehandelter chronischer Parodontits waren die Verluste bei beiden gering, bei Patienten mit aggressiver Parodontitis jedoch leicht erhöht. Zwischen Zähnen und Implantaten war kein Unterschied zu erkennen. Implantate in augmentierten Knochen zeigten ähnliche Werte. Die Möglichkeit eines kontinuierlichen Knochenverlustes konnte vom Autor nicht ausgeschlossen werden. Die Prognose für den langfristigen Strukturerhalt von Implantaten muss - zumindest für bestimmte Risikogruppen - in Frage gestellt werden.

Dr. Gerhard Iglhaut

Memmingen

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