Z Gastroenterol 2006; 44 - P363
DOI: 10.1055/s-2006-950970

Zirkadiane Variation der rektalen Sensitivität ist unabhängig von der Freisetzung gastrointestinaler Peptide

C Kaiser 1, M Felber 2, A Klauser 1, W Heldwein 1, P Enck 2, B Otto 1
  • 1Medizinische Klinik – Innenstadt, Klinikum der Universität, München, Germany
  • 2Medizinische Klinik IV, Universitätsklinikum, Tübingen, Germany

Hintergrund: Beim Reizdarmsyndrom werden intestinale Dehnungsreize rascher und verstärkt wahrgenommen, häufig werden tageszeitabhängige Beschwerden berichtet. Ziel unserer Studie war es, eine mögliche zirkadiane Variation für Dehnungs- und Schmerzreize im Rektum in Bezug auf die Freisetzung von gastroenteropankreatischen Hormonen zu untersuchen.

Methoden: Bei 12 gesunden männlichen Probanden (25,3±0,7 Jahre) wurden sieben rektale Ballon-Dehnungen mit computergesteuerter Applikation und Messung von Druck und Volumen (Barostat, DAISY, Standard Instruments, Karlsruhe) durchgeführt (17.30, 20.30, 23.30, 5.30, 8.30, 10.30 und 13.30 Uhr). Die ersten drei Messungen erfolgten nüchtern, gegen 0.45 sowie 10.00 Uhr wurde eine standardisierte Mahlzeit eingenommen. Ermittelt wurde jeweils die Schwelle für die erste „Wahrnehmung“ einer Dehnung, für „Stuhldrang“ und „Schmerz“ sowie die Compliance (=Darmwandelastizität: Volumen-Druck-Quotient) an diesen Schwellen. Dreißig Minuten vor und nach jeder Rektumdehnung erfolgte eine Blutabnahme zur Bestimmung von Cholezystokinin (CCK), Pankreatischem Polypeptid (PP) und Motilin.

Ergebnisse: Sowohl bei den Druck- als auch bei den Volumenwerten der Wahrnehmung zeigte sich ein signifikanter Einfluss der Zeit für „Stuhldrang“ und „Schmerz“. Hinsichtlich Druck und Volumen liegen die Werte nachts (21.00 Uhr) durchgehend höher als morgens (6.00 Uhr). Signifikante Unterschiede ergaben sich auch für die Darmwandelastizität an den Schwellen für „Stuhldrang“ und „Schmerz“. Die Compliance war am Tag deutlich höher als abends oder nachts, signifikant war dieser Unterschied nur für die Schmerzschwelle. Die Freisetzung von CCK (p<0,001) und PP (p<0,002) zeigte eine signifikante Variation im Tagesverlauf, wohingegen Motilin über den Tag konstant blieb. Die Wahrnehmung rektaler Dehnung und die Compliance waren unabhängig von der Nahrungsaufnahme und von den Peptidhormonkonzentrationen.

Schlussfolgerung: Die Wahrnehmung rektaler Dehnungsreize zeigte signifikante Unterschiede im Tagesverlauf für „Stuhldrang“ und „Schmerz“, die nicht durch die Freisetzung von gastrointestinalen Peptiden erklärt werden können. Ob diese zirkadiane Variation der rektalen Wahrnehmung erlernt oder durch andere Faktoren bedingt ist, muss durch weitere Studien geklärt werden.