Zentralbl Gynakol 2006; 128 - A63
DOI: 10.1055/s-2006-950563

Operative Therapie des Mammakarzinoms – Anforderungen an den Brustoperateur

HJ Voigt 1
  • 1Frauenklinik und Brustzentrum, Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern

Der Begriff „Qualität“ der operativen Therapie des Mammakarzinoms ist durch die Vorgaben der EUSOMA, der DKG und der S3-Leitlinie definiert. Qualitätskriterien sind die Rate brusterhaltender (oder sofort wiederherstellender) OP-Verfahren von über 75%. Demzufolge stellt das ablative Verfahren bei streng zu stellender Indikation mit <25% eher eine Ausnahmeoption dar. Werden die Indikationskriterien für die Sentinellymphknotenbiopsie als Verfahren 1. Wahl, also T <3cm und klinisch /sonographisch unauffällige Axilla nicht erfüllt, so ist eine repräsentative Axilladissektion mit deutlich über >>10 Lymphknoten gefordert. Über 80% Patientinnenzufriedenheit nach 3 Jahren ist ein weiterer Maßstab.

Oberstes Prinzip der BET-Verfahren ist die lokale Rezidivfreiheit, erreichbar durch die Minimalforderung eines mikroskopisch tumorfreien Randsaums von 5mm beim invasivem Karzinom (Nottingham-Studie 1995) und 10mm beim DCIS (Silverstein 1999). Tumorausdehnung plus freier Randsaum bestimmen das Resektatvolumen. Der präoperativ, aber auch mit unter erst intraoperativ einschätzbare Volumendefekt und sein individueller Ersatz stellen höchste Ansprüche an das technische Repertoire des Operateurs.

Bei BET oder einseitiger Sofortrekonstruktion müssen in Abhängigkeit vom zunehmenden Resektionsvolumen 4 Varianten angeboten werden können:

  • Bei segmentaler Resektion von bis zu 25% des Brustvolumens genügen meist Defektfüllungen mit intramammären Schwenklappen und spannungsfreier Parenchymadaptation.

  • Je nach Tumorsitz sind dabei auch anspruchsvollere onkoplastische Techniken wie eine Reduktionsmastektomie oder hautsparende Teilmastektomien, in der Regel mit Anpassung der Gegenseite, erforderlich.

  • Bei Resektionsvolumina von deutlich >30% führen gestielte myokutane Lappen mit und ohne Hautinsel erfolgreich zum Ziel.

  • Resektionsvolumina von 50–100% machen partiell oder total desepilthelisierte myokutane Lappentechniken erforderlich. Dabei übertrifft der TRAM-Lappen den Lado im Volumenangebot und erübrigt zusätzliche Implantate.

Ein variationsreiches onkoplastisches Operationsrepertoire ist demnach eine unabdingbare Voraussetzung für die optimale Realisierung des Therapiekonzepts:

  • Komprimisslose Tumorresektion R 0

  • Minimierung des intramamären Rezidivrisikos durch maximierten Sicherheitsrandsaum

  • Psychoonkologische Optimierung durch einzeitige Erhaltung und Wiederherstellung des weiblichen Körperbildes

  • Vermeidung initialer Verstümmelungen

  • Vermeidung mehrfacher und langwieriger Folgeoperationen

  • und damit letztlich eine Kostenreduktion

Schlussfolgerung:

In Anbetracht von beinahe 50000 neuen Patientinnen pro Jahr in Deutschland darf es nicht mehr dem Zufall überlassen bleiben, wo die oft schicksalsbestimmende operative Erstbehandlung erfolgt. Dieser Herausforderung mit dem Ziel der Qualitätssicherung hat sich die AWO gyn mit der Definition der Bezeichnung „Brustoperateur“ gestellt.