Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2006-950541
LAVH/ LASH – frauenfreundliche OP-Technik oder Marketing-Strategie?
Als Frauenärzte definieren wir den Anspruch, uns intensiv mit den Wünschen, Bedürfnissen und Ängsten unserer Patientinnen auseinandersetzen zu wollen. Die oberste Priorität haben jedoch effektive, möglichst evidenzbasierte Behandlungskonzepte, so dass wir uns als Operateure immer die Frage stellen müssen, ob neue Verfahren den Frauen wirklich nutzen.
Neue Operationsverfahren bahnen jedoch häufig eine sehr hohe, teilweise unrealistische Erwartungshaltung bei den medizinischen Laien, so dass wir vom Patientenanspruch überrollt werden. Dies trifft insbesondere zu, wenn von „schonend“, „minimal-invasiv“ und „frauenfreundlich“ gesprochen wird, Attribute, die laparoskopischen und laparoskopisch assistierten Verfahren zur Hysterektomie zugeordnet werden.
Bei der Bearbeitung des mir gestellten Themas werden folgende Fragenkomplexe analysiert:
-
Welchen Stellenwert haben LAVH (laparoskopisch assistierte vaginale Hysterektomie)/ LASH (laparoskopisch assistierte supracervikale Hysterektomie)/ LH (laparoskopische Hysterektomie) im Vergleich zu etablierten Hysterektomietechniken?
Hierzu werden aktuelle GQH-Daten dargestellt. Zudem wird analysiert, wie „Informationen für Frauen“ (Internet) dieses Thema darstellen. -
Können Unterschiede bezüglich intraoperativer Komplikationen (Ureter-, Blasenverletzungen) und postoperativer Rekonvaleszenz (postoperative Schmerzen, Krankenhausverweildauer, Arbeitsunfähigkeit) definiert werden?
-
Gibt es Unterschiede im Ressourcenverbrauch (z.B. OP-Zeiten)?
-
Gibt es beim Methodenvergleich abdominale HE, vaginale HE, LAVH, LASH, LH Unterschiede in Bezug auf die Beckenbodenfunktion (Blasen-Darm-Störungen und Sexualfunktion)?
In Hessen wurden 2004 nur in 3,9% und 2005 in 5,4% der Fälle laparoskopische HE-Techniken (LASH, LH) angewendet. Dies verwundert, da das Thema häufig im Rahmen von Fachkongressen aufgegriffen wird und viele unserer Patientinnen danach fragen.
Bei Durchsicht der aktuellen Literatur ist die Datenlage uneinheitlich. Bezüglich des „clinical outcome“ können keine durchgängigen Vorteile für laparoskopische HE-Techniken (LAVH, LASH, LH) definiert werden. Auch die Belassung der Zervix scheint kein Parameter für eine bessere Beckenbodenfunktion zu sein. Dies trifft im Besonderen bei dem Vergleich zur vaginalen Hysterektomie zu.
Eigene Erfahrung und Überlegungen:
In Deutschland ist derzeit bezüglich laparoskopischer HE-Techniken eine deutliche Zentralisierung zu beobachten, wenngleich sich immer mehr Kliniken mit diesen Methoden (teilweise mit geringen OP-Zahlen) beschäftigen.
Die Beobachtungen der Zentren mit langjähriger Erfahrung sind teilweise sehr positiv und auch überzeugend, so dass wir uns in Wiesbaden nach langer Vorbereitungsphase dazu entschlossen haben, die LASH anzubieten.
Mein eigener Werdegang ist durch eine betont vaginale OP-Schule geprägt. In der Asklepios Paulinen Klinik wurden Hysterektomien (benigne Histologie) 2004 in 13% und 2005 in 96% der Fälle auf alleinigem vaginalem Wege oder durch LAVH vorgenommen, wobei auch überdurchschnittlich große Uteri entfernt wurden. Vor diesem Hintergrund wird die Vergleichsanalyse zur LASH-Technik besonders kritisch ausfallen.
So definiert sich unsere Entscheidung derzeit mehr am Anspruch unserer Patientinnen und EinweiserInnen als an medizinischen Evidenzen. Eine klare Indikationsstellung für die eine oder andere Technik sehen wir derzeit noch nicht.
Nichtsdestotrotz sind neue laparoskopische HE-Techniken äußerst interessant und sollten in weiteren, möglichst prospektiven Studien validiert werden.
Somit müssen wir unsere Patientinnen nach ausführlicher Aufklärung in die Entscheidungsfindung für die eine oder andere Operationsmethode einbeziehen, damit laparoskopische Verfahren nicht unkritisch nur aus Marketing-Gründen zur Anwendung kommen.