Gesundheitswesen 2006; 68 - A141
DOI: 10.1055/s-2006-948697

Häufigkeit von Mammakarzinomen nach einer unauffälligen Screening-Mammographie

I Urbschat 1, A Thiel 2, G Hecht 3, J Kieschke 1, P Jensch 2
  • 1Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Oldenburg-Hannover
  • 2OFFIS, Oldenburg
  • 3Mammographie-Screening Niedersachsen Nordwest, Wittmund

Hintergrund: Von Mai 2002 bis März 2005 wurde im Bezirk Weser-Ems das Modellprojekt Mammographie-Screening Weser-Ems (MSWE) durchgeführt; seit April 2005 ist das entsprechend den EU-Leitlinien qualitätsgesicherte Screening [1] in Niedersachsen Nordwest Bestandteil der Regelversorgung. Die Häufigkeit von Intervallkarzinomen – das sind Mammakarzinome, die nach einer unauffälligen Screening-Mammographie vor der nächsten Screening-Untersuchung auftreten – ist ein wichtiger Qualitätsparameter für das Mammographie-Screening. Ziel: Neben der Identifikation von falsch-negativen Diagnosen gibt die Häufigkeit von Intervallkarzinomen erste Hinweise, ob durch das Screening eine Senkung der Brustkrebsmortalität zu erwarten ist. Die Intervallkarzinomrate im Modellprojekt MSWE soll ermittelt werden. Die Tumorparameter der Intervallkarzinome werden mit den im Screening befundeten Fällen und mit einer Kontrollregion ohne Screening verglichen. Methoden: Die Ermittlung von Intervallkarzinomen erfolgt durch Abgleich der Teilnehmerinnendaten des MSWE mit dem Epidemiologischen Krebsregister Niedersachsen (EKN). Das Kontrollnummernsystem der Epidemiologischen Krebsregister ermöglicht den Datenabgleich auf pseudonymisierter Ebene [2]. Kontrollregion sind die Landkreise Weser-Ems ohne Screening. Ergebnisse: Im Datenabgleich vom Juli 2005 konnten nach einer Beobachtungszeit von 14–37 Monaten 21 Intervallkarzinome im EKN identifiziert werden. 8 traten im ersten Jahr nach Screening auf, 12 im zweiten Jahr nach Screening. Die Intervallkarzinomraten liegen unter den maximal akzeptierten Zielwerten der Europäischen Leitlinien. Die T-Stadien-Verteilung und das Grading der Intervallkarzinome weisen prognostisch günstigere Ergebnisse auf als erwartet. Diskussion: Die nachgehende Qualitätssicherung der Intervallkarzinome soll im MSWE erfolgen. Ob die günstigen Tumorparameter einiger Intervallkarzinome bei Frauen zu verzeichnen sind, denen schon im Screening eine frühzeitige Kontroll-Mammographie empfohlen wurde (sog. Early-Recall-Fälle), ist erst nach Rückmeldung der Intervallkarzinome vom EKN an das MSWE zu ermitteln. Diese nachgehende Qualitätssicherung findet z.Z. im Rahmen eines Forschungsvorhabens statt. Erste Ergebnisse sollen aufgezeigt werden. Schlussfolgerungen: Für die Qualitätssicherung des bundesweiten Mammographie-Screenings ist neben der Ermittlung der Intervallkarzinome durch die Krebsregister die nachgehende Qualitätssicherung dieser Karzinome im Screening-Projekt unter Heranziehung von Screening-Mammographien und Diagnosebefunden zu gewährleisten. Diese Qualitätssicherung ist u.a. Voraussetzung für die Verminderung des Anteils von falsch-negativen Diagnosen. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind hierfür im Krebsregistergesetz und in den Krebsfrüherkennungs-Richtlinien zu schaffen. Literatur: [1] Perry N, Broeders M, de Wolf C et al. European guidelines for quality assurance in mammography screening. Third Edition. Europe Against Cancer. European Communities 2001. [2] Urbschat I, Kieschke J, Schlanstedt-Jahn U, Gehlen Sv, Thiel A, Jensch P: Beiträge bevölkerungsbezogener Krebsregister zur Evaluation des bundesweiten Mammographie-Screenings. Gesundheitswesen, 67:448–454, 2005