Gesundheitswesen 2006; 68 - A133
DOI: 10.1055/s-2006-948689

Das Rauchverhalten von Kindern und Jugendlichen: eine Analyse der situativen Versuchung zu rauchen in einer populationsbasierten Stichprobe

D Tagmat 1, J Wolff 1, U John 1, JR Thyrian 1
  • 1Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin, Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald

Hintergrund: Die situative Versuchung zu rauchen (sitV), eine wesentliche Komponente des Transtheoretischen Modells der intentionalen Verhaltensänderung (TTM), beschreibt die Intensität des Verlangens einer Person, in bestimmten Situationen rauchen zu müssen. Die sitV bei Rauchern hilft bei der Einschätzung, inwieweit eine Verhaltensänderung hin zum Nichtrauchen wahrscheinlich ist, die sitV bei Nichtrauchern gibt Aufschluss, wie stark diese gefährdet sind, mit dem Rauchen anzufangen. Im Erwachsenenbereich existieren elaborierte Messinstrumente zur Erfassung der sitV zu rauchen, validierte Instrumente für Kinder und Jugendliche fehlen zurzeit. Ziel: Das Ziel dieser Untersuchung ist die Beschreibung der sitV bei jugendlichen Rauchern und Nichtrauchern sowie die Entwicklung eines Messinstrumentes zu Ihrer Erfassung. Methoden: Untersucht wurden n=2,449 Schüler der Klassenstufen 7–10 aus 18 Schulen (54% aller Schulen) in Vorpommern, davon 5 Gymnasien und 13 Regionalschulen. Die Datenerhebung fand im Rahmen einer schulbasierten Präventionsmaßnahme statt. Es wurden Daten zur Sozidemographie und zum Rauchverhalten erfasst. Die sitV wurde anhand einer 20-Item-Skala erfasst. Eine Reliabilitätsanalyse wurde durchgeführt. Zur Überprüfung der Homogenität und Dimensionalität wurde eine Faktorenanalyse durchgeführt. Mithilfe statistischer Kennwerte und inhaltlicher Überlegungen wurde eine 9-Item Kurzform entwickelt. Ergebnisse: Raucher und Nichtraucher unterscheiden sich signifikant in ihrer Versuchung zu rauchen, differenziertere Analysen bezüglich anderer Rauchvariablen und soziodemografischer Variablen werden vorgestellt. Die interne Konsistenz der Skala war hoch (=0,97). Die Trennschärfe lag bei allen Items über rit =0,7. Die Faktorenanalyse ergab eine einfaktorielle Lösung mit einer Varianzaufklärung von 67,1%. Die Kurzversion bildet die Bereiche positiv/sozial, negativ/affektiv und Gewohnheitssituationen ab. Schlussfolgerungen: Die Skala zur Erfassung der sitV repräsentiert ein eindimensionales Konstrukt mit guten psychometrischen Eigenschaften. Eine Kurzversion wurde entwickelt. Die Kurzversion stellt ein reliables und für bevölkerungsbezogene Präventionsmaßnahmen praktikables Instrument zur Erfassung der sitV bei Kindern und Jugendlichen dar. Zukünftige Studien sollten sich um eine weitere Validierung des Fragebogens bemühen (Überprüfung der Test-Retest-Reliabilität und der prognostischen Validität)