Gesundheitswesen 2006; 68 - A131
DOI: 10.1055/s-2006-948687

Die kleinräumige Analyse des Versorgungsgeschehens mit GKV-Routinedaten

E Swart 1, U Wissinger-Gräfenhahn 1
  • 1Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Hintergrund / Ziel: Ein zentrales Ziel der kleinräumigen Versorgungsforschung liegt in der Schaffung von Transparenz über das lokale Versorgungsgeschehen und damit in der Bereitstellung empirischer Daten für Planung und strategische Entscheidungen der an der Versorgung Beteiligten. Als Datengrundlage bieten sich Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung an. Erkenntnisse aus deren Analyse werden anhand des Beispiels Oberschenkelhalsfrakturen und Implantationen von Hüftgelenks-Endoprothesen erläutert. Diese beiden Tracer bieten sich aufgrund ihrer Bedeutung für die Versorgung älterer Menschen, ihrer Kostenintensität und ihrer aktuellen Bedeutung im Zusammenhang mit der Diskussion um Mindestmengen an. Methoden: Verwendet wurden fallbezogen bezogene GKV-Routinedaten der AOK Sachsen-Anhalt nach § 301 SGB V aus den Jahren 1999 bis 2004. Einschlusskriterien waren die spezifischen Codes der ICD 10 oder 9 (S72 oder 820 für Oberschenkelhalsfraktur) bzw. des OPS (5–820 Hüftgelenks-Endoprothese bzw. 5–790 kopferhaltende Maßnahmen). Zusätzlich zur Verfügung standen versichertenbezogene Angaben zu häuslicher und stationärer Pflege und zum Versterben nach der Entlassung sowie Strukturdaten der ambulanten und stationären Versorgung. Ergebnisse: Aufgrund der Alterung der Versichertenpopulation nahmen die Fallzahlen im Berichtszeitraum kontinuierlich zu. Dieser Anstieg wird bis 2010 weiter zunehmen, selbst bei Konstanz der alterspezifischen Inanspruchnahmeraten. Hinweise auf Über-, Unter- oder Fehlversorgung lassen sich aus den Ergebnissen nicht ableiten. Strukturelle Ungleichheiten in Arzt- und Bettendichten lassen sich aus der Schwerpunktsetzung bei Unfallchirurgie und Orthopädie erklären. Bei Patienten mit Oberschenkelfraktur lag der Anteil der Personen, die vor oder nach dem stationären Aufenthalt Leistungen häuslicher oder stationärer Pflege erhielten, deutlich höher als bei Patienten mit Implantation einer Hüftgelenks-Endoprothese. Hier zeigen sich Ansatzpunkte für eine gezielte Sturzprävention im Alter. Die verwendeten Daten erlauben eine Analyse der Ergebnisqualität der an der Versorgung beteiligten Krankenhäuser hinsichtlich der Häufigkeit von Wiedereinweisungen und der Letalität. Die Mortalität nach Implantation einer Hüftgelenks-Endoprothese sinkt in der untersuchten Stichprobe mit steigender Fallzahl der Krankenhäuser. Diskussion / Schlussfolgerungen: Trotz gewisser Limitierungen überwiegen die positiven Eigenschaften von GKV-Prozessdaten in ihrer Nutzung zur Analyse des medizinischen Leistungsgeschehens. Aus diagnosebezogenen Analysen lassen sich für Kostenträger, Leistungserbringer und Aufsichts- und Planungsbehörden je spezifische Schlussfolgerungen für die zukünftige Gestaltung der Versorgung ableiten.