Gesundheitswesen 2006; 68 - A119
DOI: 10.1055/s-2006-948675

Aktuelle Gefährdungen der risikoadaptierten Zentralisation in Geburtshilfe und Neonatalversorgung

E Simoes 1, FW Schmahl 2
  • 1Kompetenz-Centrum Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement der MDK-Gemeinschaft und der Spitzenverbände der Krankenkassen beim MDK Baden-Württemberg, Lahr
  • 2Institut für Arbeits- und Sozialmedizin des Universitätsklinikums Tübingen

Hintergrund: Die Versorgung von Mutter und Kind soll unabhängig vom Entbindungsort gleichmäßig günstig sein. Unterschiedliche Gefährdungen durch die einer Schwangerschaft innewohnenden Risiken sollen durch das strukturierte Angebot des Gesundheitssystems ausgeglichen werden. Besonderes Augenmerk verdient dieser Aspekt vor dem Hintergrund der 9/2005 beschlossenen „Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen“ des Gemeinsamen Bundesausschusses. Ziel: Ihre Auswirkung auf die regionale Versorgung mit Blick auf die gebotene risikoadaptierte Zentralisation und die Gleichmäßigkeit der Versorgung sollen untersucht werden. Dabei wird die Situation vor der Einführung in Baden-Württemberg (BW) als Status-quo dokumentiert. Methoden: Analyse GKV-seitiger Leistungsdaten. Ergebnisse: 1. Regionale und soziale Präferenzen für Entbindungskliniken bestehen. 2. Nach dem Krankenhausplan sind bis auf eine Einheit die NICUs in BW mit 6 und mehr Betten ausgewiesen, die kleinsten Einheiten zumeist nahe zu einer weiteren großen Abteilung lokalisiert. Leistungdatenanalysen werden ergänzend vorgelegt. 3. Im System offen vorhandene Daten erlauben nur eingeschränkt Aussagen über die Versorgungsrealiät. Diskussion: Aus den USA sind ökonomisch begründete Dezentralisationstendenzen bei der neonatalen Intensivversorgung bekannt. Nimmt die Anzahl von NICUs in der Größenordnung von 6 Betten weiter zu und/oder wird von diesen Versorgung nach Level I angeboten werden, entspricht dies einer Dezentralisation der Versorgung im Bundesland. Da sich Qualitätsunterschiede in Abhängigkeit von der Expertise eines Zentrums derzeit nach (inter-)nationaler Datenlage nicht von der Hand weisen lassen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Entwicklung gesundheitliche Ungleichheit verstärkend wirksam ist. Schlussfolgerungen: Die Umsetzung der Richtlinie erfordert die Auseinandersetzung mit und die Einbeziehung des regionalen Versorgungsstatus, um eine Verschlechterung der Versorgung und eine Zunahme von Unterschieden in der Versorgungsqualität zu verhindern.