Gesundheitswesen 2006; 68 - A62
DOI: 10.1055/s-2006-948618

Die Situation von Alleinerziehenden im ländlichen Raum – Ansätze für Gesundheitsförderung und Prävention

E Katerbaum 1, 2, E Swart 1
  • 1Hochschule Magdeburg-Stendal, FB Sozial- und Gesundheitswesen
  • 2Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Hintergrund / Ziel: Die gesundheitliche und soziale Situation von Alleinerziehenden ist i.d.R. durch eine Vielzahl belastender Faktoren gekennzeichnet. Dazu gehören vor allem die meist angespannte finanzielle Situation und die Schwierigkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie häufig eine Strapazierung des sozialen Netzwerkes. Es wird vermutet, dass sich die äußeren Lebensumstände auf dem Land tendenziell schlechter als in der Stadt darstellen. Methoden: In leitfadengestützten Interviews wurden 21 alleinerziehende Frauen in Magdeburg und dem Landkreis Jerichower Land zu ihrer gesundheitlichen und sozialen Lage sowie zu be- und entlastenden Lebensbedingungen befragt. Von besonderem Interesse war die Situation von Frauen im dünn besiedelten und strukturell benachteiligten ländlichen Raum. Die Studie sollte Ansatzpunkte für Gesundheitsförderung und Prävention für Alleinerziehende aufzeigen. Ergebnisse: Die Frauen beschreiben ihre finanzielle Lage als sehr angespannt. Ihr Leben ist durch ständige Existenz- und Zukunftsängste geprägt, auch Vollzeitberufstätige weisen finanzielle Engpässe auf. Die eigene Erwerbstätigkeit ist den Frauen neben der Erziehung ihrer Kinder sehr wichtig und wird von allen Frauen gewünscht. Die Flexibilität der Arbeitszeit und die Vereinbarkeit der Schließzeiten der Kindereinrichtungen sind für die berufliche Tätigkeit ein Schlüsselfaktor. Den Alleinerziehenden bleibt wenig Raum für Erholungsphasen, finanzielle Gründe und Zeitmangel erschweren die regelmäßige Teilnahme an Freizeitaktivitäten. Die alleinerziehenden Frauen verfügen über komplexe soziale Netzwerke, nutzen diese aber nur zurückhaltend. Die gesundheitlichen Beschwerden liegen vor allem im psychosomatischen Bereich, die Frauen klagen häufig über Rückenschmerzen und Kopfschmerzen bis hin zu Migräneattacken, Magenschmerzen, Durchfall, Nierenprobleme und Asthma. Das Gefühl, gestresst zu sein ist weit verbreitet. Fehlende Unterstützung durch die Väter der Kinder wirkt als zusätzliche psychische Belastung. Zwar wird das Alleinerziehen wird von den befragten Frauen nicht ausschließlich negativ bewertet, es überwiegen aber die Nachteile. Die strukturellen Nachteile auf dem Land machen sich hier besonders bemerkbar (fehlende Hilfs-, Gesundheits- und Sportangebote, lange Fahrtwege, schlechte Arbeitsmarktsituation). Diskussion / Schlussfolgerungen: Gesundheitsförderliche Maßnahmen sollten darauf abzielen, das Selbstwertgefühl und die Autonomie der Frauen zu stärken, besonders bei Alleinerziehenden in ländlichen Regionen. Es bedarf spezifischer gesundheitsfördernder Angebote für alleinerziehende Mütter, die im Rahmen der finanziellen und zeitlichen Möglichkeiten auch tatsächlich in Anspruch genommen werden können. Als Setting für Gesundheitsförderung und Prävention bietet sich primär die Kommune an, durch den Aufbau von Netzwerkstrukturen zwischen den lokal maßgeblichen Institutionen kann die soziale und gesundheitliche Lage alleinerziehender Mütter (und Väter) gezielt und nachhaltig verbessert werden.