Gesundheitswesen 2006; 68 - A54
DOI: 10.1055/s-2006-948610

Verordnungshäufigkeiten antidiabetischer Medikation im DMP Diabetes mellitus Typ 2 in Nordrhein

W Haß 1, L Altenhofen 1, B Hagen 1
  • 1Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI), DMP-Projektbüro Köln

Hintergrund: Mit der Einführung des DMP Diabetes mellitus Typ 2 sind seitens der regionalen Vertragspartner erhebliche Erwartungen hinsichtlich der Optimierung der ambulanten Versorgung verbunden. Durch die wissenschaftliche Begleitung der Umsetzung des DMP im Versorgungsgebiet der KV in Nordrhein durch das ZI stehen derzeit Daten von ca. 215.000 Patienten aus einer Verlaufsbeobachtung zur Verfügung. Ziel: Eine differenzierte Analyse der antidiabetisch-medikamentösen Behandlungsstrategien soll Aufschluss geben über die Versorgungssituation in Nordrhein. Es soll u.a. überprüft werden, inwieweit die mit der Risikostruk-turausgleichsverordnung (RSAV) vorgegebenen Qualitätsziele zur Medikation erreicht worden sind. Methoden: Auswertung von Pflichtdokumentationsdaten der Ärzte, uni- und bivariate Querschnittsanalysen, Prä-post-Vergleich. Ergebnisse: Die im Mittel über ca. 18 Monate beobachtete Diabetikerpopulation ist durchschnittlich 67,1±10,8 Jahre alt und bereits 8,0±7,0 Jahre an Diabetes erkrankt. Der Anteil Insulinierter beträgt ca. 27% (darunter ca. 7% Analoga), knapp 47% erhalten orale Antidiabetika (OAD). Bei 26% wird auf eine antidiabetische Medikation verzichtet. Zum Jahresende 2005 ist gegenüber dem Erstdokumentationszeitpunkt eine deutliche Zunahme der Insulinverordnungen zu verzeichnen (+ 4,3%), während der Anteil der Diabetiker, die OAD bekamen, annähernd konstant blieb. Im Verlauf des DMP haben insgesamt ca. 19% der Patienten eine Therapieumstellung erfahren, u.a. 7% von nicht medikamentöser Behandlung auf OAD, 3% von OAD auf eine OAD-Insulin-Kombinationstherapie und 2% auf Insulin. Patientenbezogen sind die am häufigsten verordnete OAD-Wirkstoffgruppe Biguanide (40%), gefolgt von Sulfonylharnstoffen (SH) (28,7%), während nur 2,7% Glucosidaseinhibitoren und 3,1% Glitazone erhalten. Der Anteil der in Nordrhein RSAV-konform behandelten Patienten (=Metformin, SH inkl. Glinide und Insulin) hat sich seit Beginn des DMPs erhöht und betrug 2005 83%. Weitere subgruppenbezogene Ergebnisse werden vorgestellt. Diskussion: Die antidiabetische Verordnungspraxis in Nordrhein zeigt, dass bei über einem Viertel der Diabetiker von einer medikamentösen Behandlung abgesehen werden kann. Mit steigender Diabetesdauer ist erwartungsgemäß eine Tendenz zunehmender Insulinierung festzustellen. Hinsichtlich der OAD-Verordnungen besteht bei den am DMP-Vertrag teilnehmenden Ärzten eine deutliche Präferenz für Metformin. Vergleichsweise selten werden Glucosidaseinhibitoren und Glitazone verordnet, geringfügig unterhalb der Erwartungen bleibt auch die Verordnung von nicht RSAV-konformen Insulinanaloga. Schlussfolgerungen: Die in Nordrhein vorgegebenen Qualitätsziele zur antidiabetischen Medikation werden deutlich übertroffen. Da die medikamentöse Verordnungspraxis sich zwischen den am DMP-Vertrag beteiligten Praxen erheblich unterscheidet, ist zu fragen, welche Faktoren auf die jeweiligen Therapiepräferenzen Einfluss haben.