Gesundheitswesen 2006; 68 - A41
DOI: 10.1055/s-2006-948597

Verzicht auf organische Chemikalien am Arbeitsplatz – Erfolge beim Gesundheitsschutz in der Heidelberger Stadtverwaltung

A Füller 1, W Huber 2
  • 1Gesundheitsförderung Heidelberg – Rhein-Neckar e.V. Heidelberg
  • 2Praxis für Nephrologie und Umweltmedizin Heidelberg

Ein Teil der Beschäftigten einer Kommunalverwaltung, insbesondere im gewerblichen Bereich, ist am Arbeitsplatz gegenüber problematischen Arbeitsstoffen, wie z.B. Lacken, Pestiziden, Klebstoffen und Reinigungsmitteln, exponiert. Die darin vielfach enthaltenen organischen Chemikalien stellen Einflussfaktoren für Erkrankungen des Nervensystems, der Nieren, des Kreislaufs und anderer Organe dar. Ein Indikator für gesundheitliche Beeinträchtigungen ist eine erhöhte Albumin-(Eiweiß-) Ausscheidung infolge von Endothel- (Gefäß-) Schäden. Zum erklärten Ziel der Stadt Heidelberg gehören Maßnahmen des Gesundheitsschutzes in ihrem Einflussbereich, vornehmlich zugunsten besonders exponierter Menschen an hoch belasteten Arbeitsplätzen. Exponiert sind insbesondere Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr, der Müllabfuhr, der Werkstätten, des Landschaftsamtes, des Tiefbauamtes und der Straßenreinigung. Zur Begründung und Legitimation eines Programms zur Verminderung der Belastungen – sowie als Angebot der Früherkennung – wurde allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung in den Jahren 1993 und 1994 eine medizinische Untersuchung samt einer angeschlossenen Befragung zur Arbeits- und Gesundheitssituation angeboten. In ihrem Zentrum stand die Ermittlung des Albumingehalts der Urinproben. Die Ergebnisse der Untersuchung, an der 418 Personen aus der gesamten Stadtverwaltung teilnahmen, zeigen hoch signifikante Zusammenhänge zwischen den Albuminwerten und den Expositionen gegenüber Arbeitsstoffen, die organische Chemikalien enthalten können. Zu den daraufhin eingeleiteten Maßnahmen des Gesundheitsschutzes gehören unter anderem die Anwendung von Wasserlacken, der weitestgehende Verzicht auf Pestizide, die Beschaffung von Fahrzeugen mit Rußfiltern oder der Gebrauch von Atemschutzgeräten. Zur Evaluation wurde in den Jahren 2001 und 2002 eine zweite Untersuchung mit demselben Instrumentarium wie acht Jahre zuvor durchgeführt. Sie fand in den oben erwähnten Bereichen mit einem hohen Gefährdungspotential statt. 186 Personen nahmen daran teil. Trotz des höheren Anteils von gewerblichen Arbeitnehmern in der zweiten Untersuchung nahm der durchschnittliche Albuminwert um 20% ab. Darüber hinaus zeigte es sich, dass der in der ersten Untersuchung festgestellte deutliche Zusammenhang zwischen problematischen Arbeitsstoffen und erhöhten Albuminwerten in der zweiten Untersuchung nicht mehr besteht. Dieser gravierende Unterschied – und die damit verbundene Verminderung des Gesundheitsrisikos der betroffenen Mitarbeiter – dürfte vor allem auf den Verzicht auf organische Chemikalien in den angewandten Arbeitsstoffen sowie auf die Anwendung organisatorischer und persönlicher Schutzmaßnahmen zurückzuführen sein.