Gesundheitswesen 2006; 68 - A15
DOI: 10.1055/s-2006-948571

Medizinische Versorgung unter Alltagsbedingungen – Zur Bedeutung von Praxisvariationen am Beispiel der rheumatoiden Arthritis

B Borgetto 1, A Kern 2
  • 1HAWK FH Hildesheim, Fakultät für Soziale Arbeit und Gesundheit
  • 2Universität Freiburg, Abteilung für Medizinische Soziologie

Hintergrund: Rheumatologische Versorgungsziele von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) sind u.a. die generelle Behandlung/Mitbehandlung durch rheumatologisch weitergebildete Ärzte und die möglichst frühzeitige und kontinuierliche Behandlung mit sogenannten Basismedikamenten. Ziel: Anhand einer beispielhaften Untersuchung von Praxisvariationen soll gezeigt werden, dass gezielte Versorgungsforschung realistischere Einblicke in den Versorgungsalltag ermöglicht. Methoden: Die Datenbasis entstammt dem von der (damaligen) LVA Baden-Württemberg finanziell geförderten Forschungsprojekt RHEUMADAT und umfasst eine Stichprobe von 901 Patienten, davon 287 mit rheumatoider Arthritis (RA). Die Studienteilnehmer wurden in unterschiedlichen Versorgungssektoren (niedergelassene Ärzte und Krankengymnasten, Akut- und Rehabilitationskliniken, Rheuma-Liga) rekrutiert und zu vier Erhebungszeitpunkten im Abstand von 6 Monaten (t1-t4) befragt. Die Datenerhebung erfolgte mittels eines standardisierten Fragebogens und basiert auf Eigenangaben der Patienten. Ergebnisse: Dargestellt werden Ergebnisse einer Querschnittsanalyse der Versorgungsdaten zu t1. 53% der Patienten sind schwerpunktmäßig in fachrheumatologischer Behandlung, weitere 19% werden fachrheumatologisch mitbehandelt. Insgesamt erhalten 70% der Patienten Basismedikamente, in der Gruppe der rheumatologisch Behandelten 76%, in der Gruppe der nicht fachrheumatologisch Behandelten aber nur 53% (p<0,001). Diskussion: Die medikamentösen Versorgungsziele werden in der Gruppe der nicht fachrheumatologisch behandelten Patienten seltener erreicht, als in der Gruppe der fachrheumatologisch behandelten/mitbehandelten Patienten. Mit 76% liegt aber auch der Anteil der fachrheumatologisch versorgten Patienten, die eine Basismedikation erhalten, deutlich unter dem Anteil, der aus den hoch spezialisierten regionalen Rheumazentren (87%) bekannt ist. Schlussfolgerungen: Erst eine gezielte Untersuchung des Versorgungsalltags zeigt, was tatsächlich beim Patienten ankommt und wo die Optimierungspotenziale der Versorgung liegen.