ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2006; 115(6): 239
DOI: 10.1055/s-2006-947703
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Goethes Sommer

Cornelia Gins
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Publication Date:
22 June 2006 (online)

Für die Juniausgabe hatte ich mir ein luftiges, ein sommerlich-leichtes Editorial vorgestellt. Allerdings mag sich zur Zeit das beschwingte Sommergefühl mitnichten einstellen. Zum einen liegt es sicher an den nach wie vor arktischen Temperaturen. Zum anderen genügt ein Blick in die Tageszeitung, um alle sommerlichen Gefühle schlagartig zu vertreiben. Thema Nr. 1 dieser Tage: die WM. Zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Editorials sind wir mit Sicherheit schlauer, aber jetzt füllen schlechte Neuigkeiten die Schlagzeilen: Missmanagement bei der Kartenvergabe oder die Angst vor Terroranschlägen und gewalttätigen Ausschreitungen überschatten das Ereignis des Jahres. Dabei sollte es doch eine Veranstaltung der Freude und der freundschaftlichen Begegnungen sein: „Die Welt zu Gast bei Freunden”. Doch es wird nichts unversucht gelassen, genau die gegenteilige Stimmung zu erzeugen. Aber Bange machen gilt nicht - alle wollen doch die WM genießen.

Thema Nr. 2: die Gesundheitsreform, nach 2004 schon wieder notwendig geworden, da die Kosten erneut aus dem Ruder laufen. Dabei sah es doch zu Beginn so gut aus: Dank der 10 € Praxisgebühr hatten sich die Besuche beim Arzt reduziert. Die neuen Festzuschüsse in der Prothetik zu Beginn des letzten Jahres hätten auch positiv zu Buche schlagen müssen. Aber nix da: Die Reform hat nur kurzfristig die Finanzierungslücken stopfen können. Immerhin ist man sich im Ministerium einig, dass die Kostenexplosion nicht darauf zurück geführt werden kann, dass die Deutschen kränker geworden sind oder die Ärzte mehr verschrieben hätten. Die Ausgaben sind exakt mit denen des Vorjahres vergleichbar, doch nach wie vor sind die Grundprobleme nicht gelöst. Die Rezepte dagegen, seit Jahren die gleichen, werden auch durch ständiges Wiederholen nicht aktiver umgesetzt: mehr Transparenz bei den Ausgaben, mehr Wirtschaftlichkeit, mehr Marktwirtschaft. Bis zum 1. Juli 2006 sollen die neuen Eckdaten stehen. Sieht man die Ministerin in diesen Tagen, lächelt sie und schweigt. Man kann wohl davon ausgehen, dass sich unsere Begeisterung über das Ergebnis in Grenzen halten wird.

Thema Nr. 3 ist das Wetter. Der Spargel ist wegen der schlechten Ernte schon knapp geworden. Das Johanniskraut gegen die akute Schlechtwetterdepri wohl noch nicht. Noch können wir uns mit Johann Wolfgang Goethe trösten, der da sagte: „Auch das ist Kunst, ist Gottesgabe, aus ein paar sonnenhellen Tagen so viel Licht ins Herz zu tragen, dass, wenn der Sommer längst verweht, das Leuchten immer noch besteht.” Falls uns Goethe doch nicht weiter helfen kann, können wir auf ein japanisches Sprichwort zurück greifen: „Die Seligkeit des Augenblicks verlängert das Leben um tausend Jahre.” So ein Augenblick lässt sich doch mit Sicherheit finden - auch wenn diejenigen Meteorologen recht behalten, die prophezeien, dass dieser Sommer im Saale stattfindet und wir nicht Weltmeister werden.

Dr. med. dent. Cornelia Gins

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