Aktuelle Urol 2006; 37 - P32
DOI: 10.1055/s-2006-947573

Lebensgefährliche Hämaturie durch aorto-ureterale Fistel nach aorto-femoralem Bypass

J Rotering 1, U Zwergel 1, W Lindemann 1, M Stöckle 1
  • 1Klinik für Urologie und Kinderurologie, Universität des Saarlandes, Homburg (Saar)

Fisteln zwischen Harnleiter und arteriellen Gefäßen sind selten, dann aber meist durch intermittierende lebensbedrohliche Hämaturien gekennzeichnet. Sie können durch vorangegangene Malignom-Behandlungen und anschließende Radiatio verursacht werden. Alternativ handelt es sich um Zustände nach gefäßchirurgischen Eingriffen.

Vorgestellt wird eine heute 50-jährige Patientin, bei der bereits vor 29 Jahren ein aorto-iliakaler Bypass wegen einer arteriellen Verschlusskrankheit unklarer Genese durchgeführt worden war. Rechtsseitig erfolgte wegen einer pyelonephritisch veränderten, funktionslosen Schrumpfniere 1991 die Nephrektomie. Ende 2004 traten immer wiederkehrende massive, transfusionsbedürftige Hämaturien auf. Die Blutungsquelle konnte zunächst trotz ausführlicher Diagnostik nicht sicher lokalisiert werden. Notfallmäßig wurde die Patientin aus Bremen zur weiteren Abklärung und Therapie zu uns verlegt. Bis zur Aufnahme in der eigenen Klinik betrug der tägliche Transfusionsbedarf (über ca. 10 Tage) etwa 2 Erythrozytenkonzentrate. Im weiteren Verlauf war der Blutverlust noch progredient (mit täglich 4 Erythrozytenkonzentraten). Diagnostisch wegweisend war ein CT des unteren Abdomens mit Rekonstruktion als Angio-CT. Hier gelang der Nachweis einer aorto-ureteralen Fistel. Da es sich um einen entzündlichen Prozess handelte, war die Einlage eines intraluminären Gefäßstents nicht sinnvoll, so dass nur eine offen-chirurgische interdisziplinäre Versorgung bei hohem OP-Risiko die einzige Therapieoption darstellte. Intraoperativ fand sich ein chronischer Protheseninfekt mit aortalem Anastomosen-Aneurysma und – als Blutungsquelle – die ureterale Fistel zum Aneurysma. In einer 9 stündigen Operation wurde zunächst das infizierte Prothesenmaterial entfernt; dann wurde ein infra-renaler Aortenersatz mit beidseitiger Rekonstruktion der Beckenbeinstrombahnen sowie die Ureterrevision links durchgeführt. Postoperativ entwickelte die Patientin eine Chylus- bzw. Lymphfistel. Letztendlich konnten sämtliche Drainagen und der intraoperativ eingelegte DJ-Ureterenkatheter entfernt werden.

Die Patientin ist aktuell wohlauf, ohne Harnleiterstent bzw. ohne Harnstauung. Das letzte Serumkreatinin lag bei 1,0 ng/ml. Duplexsonographisch bestehen keine Anzeichen für eine periphere Durchblutungsstörung.

Aorto-ureterale Fisteln treten nicht nur als Folge von onkologischen Eingriffen und Bestrahlungen, sondern auch nach gefäßchirurgischen Operationen auf. Sie sind nicht nur wegen des komplizierten intraoperativen Situs, sondern oft auch auf Grund einer verzögerten (Differential)-Diagnostik mit hoher Mortalität behaftet. Daher ist mitentscheidend für die Prognose, zügig die richtige Diagnose zu stellen, die rasch zu einer effektiven Therapie führen sollte.

(maximum 3500 Zeichen inkl. Leerzeichen)