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DOI: 10.1055/s-2006-947560
Fallen beim sonographisch cystisch erscheinenden Nieren- und Genitalbefund
Einleitung: Obwohl häufig eindeutig erscheinend, können einzelne sonographische Befunde, sicher auch bedingt durch die Häufigkeit des Alltäglichen, fehlinterpretiert werden mit möglicherweise schwerwiegenden Konsequenzen für die operative Therapie. Insbesonders in Zeiten von DRG-Zwängen und Indikationsstellungen von außen. Anhand zweier Fälle unserer Klinik werden wir insbesondere auf die Fallen der Fehldeutung sonographisch sich cystisch darstellender Raumforderungen im Urogenitaltrakt eingehen. Durch eine gezielte Anamneseerhebung, sorgfältige körperliche Untersuchung und ergänzende bildgebende Diagnostik, konnte die exakte Diagnose gestellt und die adäquate Therapie geplant und durchgeführt werden.
Kasuistik:
Fall 1: 75-jähriger Patient zugewiesen zur Hydrocelenresektion aufgrund sonographischen Verdachts einer großen Hydrocele testis rechts. Der Patient klagte über die störende Größe des Genitalbefundes. Erst die sorgfältige Anamneseerhebung ergab erhebliche Miktionsstörungen und eine Verbesserung der Miktion durch Kompression der rechten Skrotalhälfte. Die Urosonographie ergab eine große echoarme Raumforderung intraskrotal rechts sowie Harnstauungsnieren bds. und eine fehlende Blasendarstellung im kleinen Becken. Im i.v.-Pyelogramm zeigte sich ein gestauter oberer Harntrakt mit Parenchymminderung beider Nieren und eine an gehöriger Stelle nicht auszumachende Blase – diese fand sich komplett in das rechte Hemiskrotum verlagert. Im retrograden Urethrocystogramm bestätigte sich der Verdacht einer inguinalen Gleithernie mit kompletter Verlagerung der Blase in das rechte Hemiskrotum.
Fall 2: 61-jährige Patientin mit seit 10 Jahren bekannter sonograpisch diagnostizierter „Nierencyste“ rechts. Nebenbefundlich seit ca. 10 Jahren bekannte arterielle Hypertonie. Die Zuweisung erfolgte wegen eines seit 3 Monaten bestehenden und langsam größenprogredienten schmerzlosen Mittelbauchtumor und einer Harnstauungsniere rechts zur Nierencystenpunktion und -Sklerosierung. Sonographisch bestätigte sich die Harnstauungsniere rechts sowie eine cystische Raumforderung medio-caudal, die die Harnstauungsniere mutmaßlich verursachte. Die körperliche Untersuchung ergab bei sanfter Palpation über dem Tumor und bei Auskultation im rechten Mittelbauch ein Schwirren.
Das Abdomen-/Nieren-CT ergab eine hydronephrotische Niere rechts und eine 8×8cm große KM anreichende Raumforderung am Unterpol der rechten Niere.
Die Nierenangiographie rechts bestätigte ein großes Arterienaneurysma der unteren Segmentarterie mit Verdrängung des Nierenhohlraumsystemes und der Aorta.
Die Nephrektomie der funktionsgeminderten hydronephrotischen Niere bestätigte die klinischen und bildgebenden Befunde. Postoperativ war die Patientin normotensiv.
Schlussfolgerung:
Auch in Zeiten der DRG-Abrechnungssysteme und verkürzter stationärer Aufenthalte sollte jeder klinisch/operativtätige Arzt sich sowohl vom Patienten als auch von den Befunden selbst ein Bild machen, um eine sinnvolle erfolgreiche Operationsindikation stellen zu können.