Aktuelle Urol 2006; 37 - P4
DOI: 10.1055/s-2006-947544

Mesenchymale Stammzellen für die Therapie der Belastungsinkontinenz im Rattenmodell

G Feil 1, AM Boehmler 2, S Maurer 1, R Zimmermann 1, J Krug 1, R Moehle 2, C Bock 1, G Seitz 2, A Stenzl 1, KD Sievert 1
  • 1Klinik für Urologie und
  • 2Medizinische Klinik II, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen

Einleitung und Fragestellung: Die Belastungsinkontinenz ist im Allgemeinen mit geschädigten Muskelfasern des Sphinkters oder mit einer altersbedingten Abnahme der Anzahl der Muskelfasern des Sphinkters durch physiologische Apoptose verbunden. Als neue, kausale Therapiemöglichkeit wurde jüngst das direkte Einspritzen autologer Myoblasten in den Rhabdosphinkter berichtet (Strasser et al. 2004; Chancellor et al. 2000). Das Ziel dieser Studie waren Untersuchungen zur myogenen Differenzierung mesenchymaler Stammzellen (MSZ) des Knochenmarks und zur Integration differenzierter MSZ in den urethralen Sphinkter im Rattenmodell.

Material und Methoden:

MSZ des Knochenmarks von Lewis-Ratten wurden durch das Anhaften an Plastik isoliert und bis zur Konfluenz in α-MEM, supplementiert mit 20% FCS, 2 mM Natriumpyruvat, 2 mM L-Glutamin und Penicillin/Streptomycin, kultiviert. Für die Induktion myogener Differenzierung wurden die Zellen für 24 Stunden mit 10µM 5-Azacytidin inkubiert. Differenzierung wurde in Passagen 2 und 3 mittels Immunocytochemie (ICC) mit monoklonalen Antikörpern gegen glattmuskuläres Alpha-Aktin (Klone 1A4 und CGA7) sowie skelettmuskuläres MyoD (5.8A) und Myosin (NOQ7.54D) untersucht. Für den Nachweis in vivo wurden die zur myogenen Differenzierung behandelten MSZ mit dem Vitalfarbstoff PKH26 markiert und direkt in den Blasenhals der Versuchstiere gespritzt. Die Integration der Zellen wurde nach 2, 4, 7 und 45 Tagen und nach 18 Wochen histologisch untersucht.

Ergebnisse: In der ICC zeigten sich positive Reaktionen mit den glattmuskulären Antikörpern 1A4 und CGA7 in 50–90% bzw. in etwa 20% der Zellen. Der skelettmuskuläre MyoD-Antikörper war nur in einzelnen Zellen positiv. Mit dem Myosin-Antikörper zeigte sich keine Reaktion. ICC undifferenzierter MSZ demonstrierte Immunreaktionen für glattmuskuläres Alpha-Aktin. Die Histologie zeigte gut abgegrenzte Gruppen fluoreszierender Zellen in den Geweben des Blasenhalses 2, 4 und 7 Tage nach der Zellinjektion. Nach 45 Tagen und 18 Wochen waren die gespritzten Zellen gleichmäßig im Blasenhalsgewebe verteilt.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigten für MSZ aus dem Knochenmark ein myogenes Potenzial und legen nahe, dass MSZ nach Applikation lokal wandern und sich im Blasenhals verteilen. Das Tiermodell ist deshalb für eine endoskopisch kontrollierte Injektion autologer MSZ als mögliche Zell-basierte Therapie der Belastungsinkontinenz viel versprechend. In weiteren Studien werden die myogene Differenzierung und die Integration in das Gewebe mit humanen MSZ in einem xenogenen Großtiermodell genauer erforscht, womit auch Untersuchungen zur Verbesserung der Sphinkterfunktion möglich sind.