Aktuelle Urol 2006; 37 - V138
DOI: 10.1055/s-2006-947527

Sakrale Neuromodulation mittels sub-sensorischer Stimulationsamplitude als effektive und anhaltende Therapiestrategie

KD Sievert 1, J Pannek 1, D Engeler 1, M Horstmann 1, AS Merseburger 1, L Hertle 1, A Stenzl 1
  • 1Eberhard-Karls-Universität, Tübingen

Hintergrund: Die Neuromodulation wurde in den 80er Jahren zur Behandlung unterschiedlicher Fehlfunktionen des unteren Harntrakts in die Klinik eingeführt. Bisher ist der Patient angehalten die Pulsation der Neuromodulatuion zu spüren. Die Folge ist häufig, dass die Modulatoramplitude im Laufe der Zeit erhöht werden muss. In der retrospektiven Studie wurde geprüft, ob durch ein modifiziertes Patiententraining mit entsprechender Effektivität der Neuromodulation unter Vermeidung einer höheren Amplituden erzielt und damit die Einsatzdauer der Modulatorbatterie verlängert und Kosten eingespart werden konnten.

Material und Methode: Im Zeitraum von 1999 bis 2005 wurden 52, die sich zuvor mindestens 3 Behandlungsversuchen unterzogen hatten, durch die peripherer Nervenevaluation (PNE) evaluiert, Neuromodulatoren implantiert. Alle behandelten Patienten hatten. 14 Männer und 38 Frauen (26–69 Jahre) erhielten nach erfolgreicher PNE mit einer um mindestens 70% Symptomverbesserung ein Implantat.. Die urologischen Fehlfunktionen dieser heterogenen Patientengruppe setzten sich aus Urge-Inkontinenz (UI, n=25), Harnverhalt (HV, n=17), Reflexblase (n=1), Schmerzsymptomatik des Beckens (n=3), neurogener Blase (n=2) und Stuhlinkontinenz (n=4) zusammen.Davon waren 46 IPGs (7 mit bilateralen Elektroden über ein Y-Stück mit dem Implantat verbunden; 39 mit unilateraler Elektrode) und weiterhin 6 TWINs (Doppelstimulatoren). Die Mehrzahl der Elektroden wurden im Foramen S3 uni- oder bilateral implantiert (85%). 16 Patienten erhielten die neue tined-lead Elektrode. Bei der Implantateinstellung wurden die Patienten angehalten, diejenige Stimulation anzugeben, die unter Änderung aller Parameter außer der Amplitude die stärkste Reizung in typischer Lokalisation bewirkte. Danach wurde die Amplitude unter den sensorischen Schwellenwert abgesenkt.

Ergebnisse: Die notwendige Amplitude lag im Mittel bei 1V (0,5–1,5V). In 45% der Patienten konnte eine signifikante Reduktion der Amplitude durch die Umkehr der Polarität erzielt werden. Weder der Typ des Implantats noch die Zahl der Elektroden hatte Einfluss auf die Parameter. Bei den Patienten mit Stuhlinkontinenz, normalisierte sich die Darmfunktion. Lediglich in 6 von 52 Patienten lies die Wirkung des Neuromodulators innerhalb der ersten 3–8 Monate postoperativ nach und konnte auch durch eine Nachjustierung der Parameter bzw. die Neuplatzierung der Elektroden (4 HV, 1 UI, 1 neurogene Blase) nicht erneut bewirkt werden. Bei 2 dieser 6 Patienten wurde das Implantat entfernt.

Diskussion: Die Neuromodulation unter Verwendung von subsensorischen Reizparametern ist eine wirksame Behandlungsmethode. Anhand der optimalen Parametereinstellung verbessert das Patientenbefinden und verlängert die Lebensdauer der Batterie. Optimierte Parameter verhindern eine Vernarbung an der Elektrode. Neben anderen Faktoren kann die höhere Amplitude eine Ursache sein, die eine nachlassende Wirkung bzw. eine Ineffektivität des Modulators bewirken kann.