Aktuelle Urol 2006; 37 - V2
DOI: 10.1055/s-2006-947391

Die EGF-Rezeptor Expression beim Nierenzellkarzinom – Klinische Konsequenzen für Prognostik und Therapie?

AS Merseburger 1, J Hennenlotter 1, P Simon 1, S Kruck 1, M Horstmann 1, U Kühs 1, R Küfer 1, A Stenzl 1, MA Kuczyk 1
  • 1Urologische Klinik, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen

Hintergrund:

Für den EGF-Rezeptor (EGFR) ist eine Beteiligung an Pathogenese und Progression des Nierenzellkarzinoms beschrieben. Die prognostische Wertigkeit der EGFR-Expression wird allerdings kontrovers diskutiert. Ziel der vorliegenden Studie war eine genaue Darstellung der EGFR-Expression an einer hohen Patientenzahl sowie Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf ihre prognostische Relevanz und gleichzeitig auf diskutierte molekulare Mechanismen der Tumorgenese, an denen der EGFR beteiligt ist.

Material und Methode:

EGFR-Expressionen wurden mittels Immunhistochemie an Tissue micro arrays der Tumorgewebe und korrespondierenden benignen Nierengewebe von 149 Patienten detektiert. Mittels T-test Analysen wurde die Expression mit klinischen Daten und mittels univariater Kaplan Meier Analysen mit follow-up Überlebensdaten korreliert.

Ergebnisse:

Tumorzellen zeigten hauptsächlich membranständige Expression. EGFR Überexpression zeigte sich in 70 (47%) der malignen Gewebe, aber lediglich in 12 (9%) der benignen Nierengewebe (p<0,0001). Bei Stratifizierung der Tumor assoziierten Expression in 3 Gruppen: I geringe oder keine Expression (n=75, 50%), II intensive Expression (n=56, 38%) und III starke Überexpression (n=18, 12%), zeigte die stark überexprimierende Gruppe III ein signifikant geringeres Überleben gegenüber I und II, sowohl in der uni- als auch in der multivariaten Analyse (p=0,03). Interessanterweise war das Überleben der intensiv färbenden Gruppe II statistisch sogar länger als das der gering exprimierenden Gruppe I (p=0,023).

Diskussion:

Die Überexpression des EGFR in malignem Gewebe verglichen mit korrespondierendem benignem Nierengewebe kennzeichnet die Rolle des EGF-Rezeptors im Hinblick auf Entwicklung und Progression des Nierenzellkarzinoms. Bei starker Überexpression bestätigte sich EGFR als prognostisch signifikanter Biomarker. Neben den stark EGFR exprimierenden Tumoren ist mit der gering exprimierenden Gruppe I eine Patientenuntergruppe identifiziert, die eine EGFR unabhängige Tumorgenese aufweisen.

Eine präzise Erhebung des EGFR Status ermöglicht somit neben der prognostischen Nutzbarkeit auch die Identifikation individueller molekularer Tumorentstehungsmechanismen und damit individuelle Angriffspunkte für molekulare Therapieschemata. Dazu sind allgemeine Normierungen der Expressionsbewertung beim EGFR und die Identifikation weiterer molekularer Marker notwendig, die in Kombination als Antikörperprofil den jeweiligen molekularen Tumorgenesemechanismus beschreiben.