Neuropediatrics 2006; 210 - P179
DOI: 10.1055/s-2006-946533

Adäquate Informationen der Eltern sehr kleiner Frühgeborener

S Ifflaender 1, E Tschirch 2, J Reichert 3, RR Wauer 1, M Rüdiger 2
  • 1Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin, D
  • 2Neonatologie, Universitätsklinik Innsbruck, Innsbruck, A
  • 3Rehabilitationspädagogik Humboldt Universität, Berlin, D

Hintergrund: Ziel der familienzentrierten neonatologischen Betreuung ist die Einbeziehung der Eltern in Entscheidungen, die das Management der Kinder betreffen. Dafür brauchen sie adäquate Informationen. Daten zum Outcome sehr kleiner Frühgeborener [FG] sind vorhanden. Es existieren aber kaum Daten zu Dauer und zeitlicher Einordnung diagnostischer bzw. therapeutischer Interventionen sowie zu anderen elternrelevanten Maßnahmen (z.B. Liegedauer im Inkubator, Wärmebett, Ernährungssonden). Die Information der Eltern beruht bisher auf subjektiven Einschätzungen der beteiligten Ärzte und Schwestern.

Fragestellung: Erhebung von Daten bezüglich Dauer und zeitlicher Einordnung medizinischer Interventionen und anderer elternrelevanter Parameter in Innsbruck [IBK]. Vergleich der Ergebnisse I.) mit Schätzungen beteiligter Ärzte und Schwestern und II.) mit Daten einer ähnlichen Klinik (Berlin).

Methodik: Retrospektive Analyse der Krankenakten von 240 FG (<1500g) in IBK und Berlin. Die Patienten wurden nach Gestationsalter [GA] (24–26, 27–28, 29–30 und 31–32 SSW) in 4 Gruppen verteilt (n=30 pro Gruppe). Beginn, Ende und Dauer von 22 Prozeduren wurden eruiert (z.B. Beatmung, parenterale Ernährung, Phototherapie, Zugänge). Betreuende Ärzte (n=15) und Schwestern (n=17) wurden gebeten, die ungefähre Dauer sechs verschiedener Interventionen für 2 GA-Gruppen zu schätzen.

Ergebnisse: Die Tabelle zeigt exemplarisch für FG mit einem GA <27 SSW Median und Range der Dauer von 4 der 22 Prozeduren. Außerdem werden Schätzwerte von Ärzten und Schwestern in IBK gezeigt.

I.) Ärzte und Schwestern unterschätzen Dauer der Atemunterstützung und Aufenthalt auf der Intensivstation und überschätzen das Verlegungsgewicht. Schwestern überschätzen die Liegedauer zentraler Katheter. Ärzte unterschätzen die Dauer der parenteralen Ernährung. Mit höherem GA verringert sich die Fehleinschätzung.

II.) Es existieren Unterschiede zwischen IBK und Berlin, so ist die Dauer der mechanischen Beatmung und Phototherapie in IBK signifikant niedriger, die der parenteralen Ernährung, der Anwendung zentraler Katheter und CPAP Unterstützung jedoch höher. Mit höherem GA verringern sich die Unterschiede.

Schlussfolgerung: I.) Ärzte und Schwestern schätzen die Dauer von Intervention falsch ein und könnten Eltern so irreführende Informationen geben. II.) Nur Daten der eigenen Institution erlauben eine adäquate Information der Eltern über angewandte Prozeduren.

Intervention

Mechanische Beatmung [d]

CPAP [d]

Zentralvenöse Katheter [d]

100% enterale Ernährung [d]

IBK

13 2–64

42 11–59

18 5–104

33 14–123

Berlin

26 1–56

35 9–67

14 6–36

15 8–37

Ärzte

11 3–20

22 8–40

17 10–21

25 14–70

Schwestern

11 4–21

33 20–60

29 15–40

31 10–60