Neuropediatrics 2006; 210 - P172
DOI: 10.1055/s-2006-946526

Fetaler Hydrops durch Enteroviren – die weniger bekannte Ursache? Zwei Fallberichte

N Bachmaier 1, S Möller 2, U Wegner 3, R Mentel 3, G Schwesinger 4, JP Haas 1, C Fusch 1, RD Stenger 1
  • 1Universitätskinderklinik
  • 2Universitätsfrauenklinik
  • 3Institut für Medizinische Mikrobiologie
  • 4Institut für Pathologie, Greifswald, D

Einleitung: Blutgruppen-Inkompatibilitäten haben wegen effizienter pränataler Diagnostik und Therapie heute praktisch keine klinische Relevanz mehr. Dagegen werden die nichtimmunologischen Formen wesentlich häufiger beobachtet: Das trifft insbesondere auf genetische und Stoffwechselstörungen, kardiale Fehlbildungen sowie eine große Anzahl intrauteriner, vorwiegend viraler Infektionen zu (z.B. Parvo-B19, Cytomegalie, Herpes simplex). Intrauterine Infektionen durch Enterovirus als Ursache eines Hydrops fetalis wurden bisher nur in Einzelfällen identifiziert. Wir stellen 2 Kasuistiken mit Hydrops durch Enterovirus vor.

Kasuistik 1: Bei der ersten pränatalen Untersuchung einer 17-jährigen Erstgravida mit vorzeitigem Blasensprung in der 28+5 Schwangerschaftswoche zeigte sich sonographisch ein etwa 1700g schwerer hydropischer Fetus mit freier thorakaler Flüssigkeit, Aszites und einer abdominellen Kutis-/Subkutisverbreiterung von etwa 8cm bei noch ausreichend Fruchtwasser. Die Schwangere hatte in der vorangehenden Woche einen grippalen Infekt durchgemacht. Nach initialer Lungenreifungsinduktion, Antibiose und Tokolyse wurde eine Sectio caesarea wegen silenten CTGs bei fetalem Hydrops durchgeführt. Das weibliche hydropische Neugeborene konnte trotz Atemstillstand und Bradycardie zunächst erfolgreich reanimiert werden (APGAR 2/4/5/7, Geburtsgewicht 1670g). Der Tod trat jedoch 20 Stunden später durch Herz- Kreislauf- Versagen unter dem Vollbild eines massiven Kapillarlecks ein. Die 620g schwere Plazenta ergab nur diskrete Hinweise auf ein Amnioninfektionssyndrom. Eine Blutguppeninkompatibiltät wurde ausgeschlossen. Bei der Autopsie wurden in allen parenchymatösen Organen mittels PCR Enteroviren nachgewiesen, in Hirn und Lunge wurde durch Sequenzierung Echovirus Typ 6 identifiziert.

Kasuistik 2: Bei der Interruptio eines männlichen Feten in der 21+5 Schwangerschaftswoche aus medizinischer Indikation wegen Hydrops fetalis, hochgradiger Pulmonalklappenstenose und periventrikulärem Hirnödem wurde nach Ausschluss einer Blutgruppeninkompatibilität serologisch eine akute Enterovirus-Infektion nachgewiesen. Autoptisch wurden die Organbefunde bestätigt. Ein Anhalt für eine floride Myokarditis fand sich nicht. Bei der Schwangeren bestanden keine klinischen Symptome.

Schlussfolgerung: Die Fallberichte zeigen, dass Enteroviren in die Diagnostik des Hydrops einbezogen werden müssen. Sequenzierungen zur Bestimmung der Serotypen können zur weiteren Diagnosesicherung herangezogen werden.