Neuropediatrics 2006; 210 - P163
DOI: 10.1055/s-2006-946517

Virustatische Therapie bei einem extrem wachstumsretardierten Frühgeborenen mit konnataler CMV-Infektion

U Lindner 1, G Enders 2, B Gärtner 3, T Polcher 1, G Löffler 1, J Hentschel 1, L Gortner 1
  • 1Universitätskliniken des Saarlandes, Kinderklinik, Homburg/Saar
  • 2Labor Prof. Enders & Partner, Stuttgart
  • 3Universitätskliniken des Saarlandes, Virologie, Homburg/Saar, D

Hintergrund: Die humane Zytomegalievirusinfektion ist die häufigste Ursache konnataler Infektionen und stellt die Hauptursache von Hörstörungen im Kindesalter dar. Viele der initial asymptomatisch infizierten Neugeborenen entwickeln eine chronische Infektion mit neurologischer Beeinträchtigung. Zur Behandlung der konnatalen CMV-Infektion gibt bisher nur wenige Studien, Daten zur Behandlung sehr unreifer, hypotropher Frühgeborener fehlen ganz.

Kasuistik: Wir stellen ein extrem wachstumsretardiertes Frühgeborenes von 28+2 SSW vor, Z.n. Sectio bei pathologischem CTG nach unauffälliger Schwangerschaft, Geburtsgewicht 520g, mäßig komplizierter postnataler Verlauf. Klinisch ergab sich neben der Wachstumsretardierung ein unauffälliger Befund. Laborchemisch zeigte sich initial ein unauffälliges Blutbild. Am 3. Lebenstag deutliche Trizytopenie (Leukozyten 1,2/nl, Thrombozyten 44/nl, Erythrozyten 3,33/nl) bei positiver CMV-PCR im Urin, im Verlauf auch positive Viruslast im Blut (LCPCR, 659 Kopien/ml, Nachweisgrenze 400 Kopien/ml). Initiale Besserung der Zytopenie unter Immunglobulingabe, daher keine Entscheidung zu einer antiviralen Therapie. Bei erneut sinkender Leukozytenzahl wurde am 29. Lebenstag eine intravenöse Therapie mit Ganciclovir 12mg/kgKG/d begonnen, bei hohen Talspiegeln (1,5mg/l) Reduktion auf 6mg/kgKG/d (nach Absprache mit dem Labor Prof. Enders), hierunter Serumspiegel im therapeutischen Bereich. Es kam zu einem raschen Abfall der Viruslast im Blut sowie der Virusausscheidung im Urin, unerwünschte Nebenwirkungen der Therapie wurden nicht beobachtet. 3 Wochen nach Therapieende erneut positiver CMV-Nachweis in Urin und Blut ohne klinische Symptomatik. Eine im korrigierten Alter von 2 Wochen durchgeführte Hörprüfung (Hirnstamm-Audiometrie) ergab einen unauffälligen Befund. Entlassung im Alter von korrigiert 4 Wochen mit einem Gewicht von 2100g in gutem Allgemeinzustand.

Zusammenfassung: Der dargestellte Fall zeigt, gemessen an der Viruslast, eine bisher erfolgreiche Wirkung der antiviralen Therapie bei guter Toleranz trotz extremer Hypotrophie. Bei fehlenden großen prospektiven Studien zur antiviralen Therapie der konnatalen CMV-Infektion sollte die Entscheidung zu Therapie vom individuellen Verlauf abhängig gemacht werden und ist auch bei sehr unreifen, hypotrophen Frühgeborenen erfolgreich möglich.