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DOI: 10.1055/s-2006-946496
Akutes Abdomen mit massivem Hämoglobinabfall bei einem Reifgeborenen
Hintergrund: Beim reifen Neugeborenen (NG) ist ein akutes Abdomen am häufigsten durch intestinale Atresie, Stenose, Volvulus, Mekoniumpassagesstörungen, nekrotisierende Enterokolitis oder M. Hirschsprung bedingt. Wir berichten von einem NG bei dem die Diagnose einer Mesenterialvenenthrombose des Dünndarms Auslöser für ein akutes Abdomen war.
Fallbericht: Das Mädchen (40 SSW, NapH 7,29, APGAR 9/10/10, unauffällige Schwangerschaft, gesunde türkische Eltern) präsentierte sich in der Geburtsklinik in den ersten 24 Stunden mit galligem Erbrechen, geblähtem schmerzhaftem Abdomen, Unruhe und zunehmender Blässe. Es zeigte sich eine metab. Azidose (pH 7,04) mit minimalem BE von -19mmol/l. Nach Volumengabe und Pufferung erfolgte die Verlegung in unser Perinatalzentrum. In den folgenden zwei Stunden kam es zu einem massiven Hämoglobinabfall (15g/dl auf 9g/dl). Unter Transfusion war die Patientin dabei kardiopulmonal stabil. Die Abdomensonographie bot freie Flüssigkeit, massiv dilatierte Dünndarmschlingen und verdickte Darmwände. Im Röntgen zeigte sich ein luftleeres Abdomen ohne Hinweis auf Perforation. Im Truncus coeliacus war dopplersonographisch ein regelrechter arterieller Fluss nachweisbar. Die Laparotomie zeigte, dass der gesamte Dünndarm hämorrhagisch infarziert war. Bei einem Mesocolon commune ohne Verdrehung stellte sich eine Thrombose im Bereich der V. mesenterica sup. dar. Im betroffenen Darm fanden sich ca. 100ml nicht geronnen Blutes. Fast der gesamte Dünndarm musste operativ entfernt und ein Ileo- und Jejunostoma angelegt werden.
Diskussion: Die Perinatalperiode ist eine Phase hohen Risikos für thrombembolische Ereignisse. Ursächlich können dabei u.a. ein maternaler Diabetes, peripartale Asphyxie, Infektionen oder angeborene Gerinnungsstörungen sein. Aber auch nach unkomplizierter Schwangerschafts- und Geburtsanamnese kann sich eine Thrombose manifestieren. Beim akuten Abdomen des NG mit gleichzeitig ausgeprägtem Hb-Abfall muss an die seltene Möglichkeit einer Mesenterialvenenthrombose gedacht werden. Bei unserer Patientin ergab sich bisher kein Hinweis auf eine mit genetischen Methoden fassbare Thrombophilie (Faktor V-Leiden-Mutation, Prothrombin-Muatation, etc.). Die Untersuchung weiterer thrombophiler Faktoren (Protein S, C, AT III, etc.) sind erst im Abstand von 3 Monaten zum thrombotischen Ereignis sinnvoll. Obwohl neben Thrombosen cerebraler Gefäße und Nierenvenenthrombosen die Mesenterialvenenthrombose des NG in der Literatur regelmäßig erwähnt wird, fanden wir im Rahmen unserer Literarturrecherche nur einen Fall aus dem Jahre 1966.
Schlussfolgerung: Beim akuten Abdomen des Reifgeborenen mit Hämoglobinabfall muss an die seltene Möglichkeit einer Mesenterialvenenthrombose gedacht werden. Obwohl die Mesenterialvenenthrombose im Rahmen postnataler thrombotischer Ereignisse in der Literatur regelmäßig beschrieben ist, wird in aktuellen Veröffentlichungen nur von einem Fall berichtet.